Menschenrechte:Zwischen allen Stühlen

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Wollte die Junta in Myanmar wieder zu Asean-Treffen einladen: der neue Präsident der Philippinen, Ferdinand Marcos Jr. (Foto: Sean Kilpatrick/AP)

Warum Myanmars Nachbarstaaten das Treiben der Junta zumeist nur halbherzig verurteilen.

Von David Pfeifer

Es gab nur eine knappe Mehrheit für die Ausladung der birmanischen Junta von den jüngsten Asean-Treffen, dem losen Bund der Staaten Südostasiens. Kambodschas Premier Hun Sen wollte weiter mit General Min Aung Hlaing im Gespräch bleiben und adelte ihn sogar mit einem Besuch im vergangenen Juni. Joko Widodo hingegen, Präsident von Indonesien, der größten Volkswirtschaft in Südostasien, schlug im vergangenen November vor, die Isolation Myanmars weiter zu verschärfen. Die Mehrheit für die Ausladung Myanmars kam dann wohl zustande, weil man offenbar dem Eindruck entgegentreten wollte, dass man mit dem weltweit geächteten Regime gemeinsame Sache machen würde.

Zudem wollen die mittleren und kleinen Länder der Region nicht erdrückt werden zwischen den mächtigen Nachbarn China und Indien und als Verbund von der EU und den USA ernst genommen werden. Dafür muss die Asean geschlossen und stabil wirken.

Dabei haben die Nachbarn Myanmars ihre eigenen Probleme mit Menschenrechten und demokratischen Freiheiten. Vietnam und Laos sind kommunistische Einparteienstaaten. In Kambodscha regiert seit 1985 Hun Sen, ein ehemaliger Roter Khmer, der durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen ist. Auf den Philippinen wurde vor Kurzem Ferdinand Marcos zum Präsidenten gewählt, der Sohn des Diktators gleichen Namens, der zwischen 1965 und 1986 regierte. Der Junior will die Geschichte seiner Familie und damit des gesamten Landes umschreiben - und die Militärs in Myanmar aus ihrer Isolation holen.

Zugleich richten sich alle Länder am größten Handelspartner und Konfliktteilnehmer der Region aus: China. Im Südchinesischen Meer streitet sich die Volksrepublik mit Vietnam und den Philippinen seit Jahrzehnten. Es geht um Inseln, teilweise nur um Felsen und Sandbänke, weil maritime Rechte damit verbunden sind. Vor allem geht es darum, wem das Öl, Gas und die Fische zustehen, die unter der Meeresoberfläche zu finden sind. Die Regierung in Peking hat einen Schiedsspruch des Internationalen Gerichtshofs dazu ignoriert. Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen von Kriegsschiffen und Fischerbooten, manchmal auch zu Provokationen Pekings. Ferdinand Marcos Jr. sucht deswegen verstärkt die Nähe zu den USA. Ein Drittel des maritimen Welthandels verläuft durch die Gewässer.

Rund um Indien schwelen gleich mehrere Konflikte

Und auch im anderen Teil des sogenannten asiatisch-pazifischen Raums wachsen die Probleme. Afghanistan versinkt seit dem überhasteten Abzug der westlichen Truppen im Chaos. Das benachbarte Pakistan hat neben Überschwemmungen und Stromausfällen im ganzen Land mit einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zu kämpfen. Gleichzeitig heizt sich der Konflikt mit dem verfeindeten Bruderstaat Indien weiter auf, seitdem die indische Regierung den Autonomiestatus der Regionen Jammu und Kaschmir aufgehoben hat.

Oben im Himalaja verläuft zudem die "Line of Actual Control", die Demarkationslinie zwischen Indien und China. Seit mehr als zwei Jahren kommt es auch hier zu Zusammenstößen und zu massiven Truppenverstärkungen. Ein potenzieller militärischer Konflikt zwischen Indien und China könnte die gesamte Region treffen. Myanmar hat Grenzen zu beiden Weltmächten.

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