"Quem mandou matar Marielle?" Bedeutet übersetzt: "Wer hat den Mord an Marielle angeordnet?" Die Frage ist bis heute ein Schlachtruf der brasilianischen Linken bei Protesten und in den sozialen Medien. Sechs Jahre blieb sie unbeantwortet. Am Sonntag wurden wegen des aufsehenerregenden Mordes an der damals 38-jährigen Stadträtin Marielle Franco in Rio de Janeiro drei Männer als mutmaßliche Verdächtige verhaftet.
Bei den drei Verhafteten handelt es sich um hochrangige Politiker: den damaligen Chef von Rios Zivilpolizei, Rivaldo Barbosa, einen Abgeordneten des Nationalkongresses, Chiquinho Brazão und seinen Bruder, Domingos Brazão, einem Mitglied des Rechnungshofes des Bundesstaates Rio de Janeiro. Das teilte Justizminister Ricardo Lewandowski bei einer Pressekonferenz mit. Den Beschuldigten wird der Mord an der Stadträtin und ihrem Fahrer sowie ein versuchter Mord an ihrer Assistentin am 14. März 2018 zur Last gelegt. Die Brüder Brazão sind in Brasilien für ihre Verstrickung in das organisierte Verbrechen bereits seit den 1980ern bekannt.
Franco galt damals als Hoffnungsträgerin der brasilianischen Linken. Als Stadträtin der Partei PSOL ab 2017 setzte sie sich für die Bewohner der Favelas, der Armenviertel von Rio, ein und sprach sich gegen Polizeigewalt aus. Die lesbische Afrobrasilianerin stammte selbst aus einer Favela und dürfte ihr Engagement für ein gerechteres Brasilien mit dem Leben bezahlt haben. Sie wurde nur einen Tag nach einem öffentlichen Auftritt mitten im Zentrum aus kurzer Distanz erschossen.
Bei seinem Amtsantritt im Jahr 2022 versprach der linke Präsident Luiz Inácio Lula da Silva den Fall Francos endlich aufzudecken. Den ersten symbolträchtigen Schritt in diese Richtung setzte der Präsident mit der Ernennung der jüngeren Schwester Francos, Anielle Franco, zur Ministerin für Gleichstellung ethnischer Gruppen in der Regierung. "Heute ist ein historischer Tag für die brasilianische Demokratie", heißt es in einer Mitteilung der Familie, die Anielle Franco am Sonntag auf der Plattform X veröffentlichte. Die Verhaftung der mutmaßlichen Auftraggeber des Mordes sei ein wichtiger Schritt auf der Suche nach Gerechtigkeit.