Zum Tod von Walter Mondale:Der gute Mensch von Minneapolis

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Seine Anhänger jubelten Walter Mondale im Präsidentschaftswahlkampf 1984 zu, doch der ehemalige Vizepräsident verlor das Rennen um das Weiße Haus. (Foto: John Duricka/dpa)

Unter Jimmy Carter erfand er das Amt des US-Vizepräsidenten neu. Als er selbst sich um das höchste Staatsamt bewarb, tat er dies erstmals mit einer Frau als Stellvertreterin. Nun ist Walter Fritz Mondale im Alter von 93 Jahren gestorben.

Von Stefan Kornelius, München

In der inoffiziellen Tauglichkeitsrangliste der US-Vizepräsidenten nimmt Walter Mondale einen besonderen Platz ein. Nicht lange hatte er diesen Job inne, vier Jahre nur. Wenn aber heute jemand über historisch bedeutende Vizepräsidentschaften schwärmt, dann fällt mit großer Wahrscheinlichkeit der Name Walter Mondale - als Neuerfinder des Amtes.

Wenn gleichzeitig die Rangliste der gescheiterten Bewerbungen um das US-Präsidentenamt aufgestellt wird, rangiert Walter Mondale ebenfalls an einer Spitzenposition. Die Präsidentschaftskandidatur des Demokraten 1984 gegen den Republikaner Ronald Reagan endete mit nur einem gewonnenen Bundesstaat - Minnesota, seiner Heimat - und der Hauptstadt Washington, D.C., in einem Desaster.

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Der gute Mensch von Minneapolis prägte die amerikanische Politik also auf sehr spezielle Weise: als Senator, als Vizepräsident und als erster Präsidentschaftskandidat, der mit einer Frau als Vizekandidatin, Geraldine Ferraro, ins Rennen zog.

Mondales politische Karriere begann 1964 mit der Ernennung zum US-Senator durch den Gouverneur von Minnesota, Karl Rolvaag, der den Sitz des zum Vizepräsidenten aufgerückten Hubert Humphrey füllen musste. Mondale nutzte die nationale Bühne für ein konsequentes liberales Arbeitsprogramm, das ihn schnell zum Wortführer der Progressiven machte (zeitlebens lehnte Mondale den Stempel "Liberaler" ab, der in den USA nicht weit vom Sozialismus aufs Papier gedrückt wird). Ideologie war Mondales Sache nicht, oder in den Worten Humphreys: "Er war nicht ruppig, er war kein Polarisierer."

Auch Joe Biden hat sich von Mondale beraten lassen

Mondales kühle Sachlichkeit war es am Ende, die ihn für den Präsidentschaftskandidaten Jimmy Carter attraktiv machte. Als ihm die Stellvertreterposition angetragen wurde, sagte Mondale unter einer Bedingung zu: Er wollte eine relevante Rolle ausfüllen, er wollte nicht reduziert werden auf die Figur, die zwar einen Herzschlag vom höchsten Amt entfernt ist - aber den Zugang zum Hirn des Präsidenten nicht hat.

So trafen Carter und Mondale eine Vereinbarung über das Amtsverständnis, das bis heute Vorbildcharakter hat: Der Vizepräsident bekam sein Büro gleich neben dem des Präsidenten, die Arbeitsstäbe wurden miteinander verwoben, einmal pro Woche trafen sich Chef und Vize zum Mittagessen, und die Geheimdienstbriefings erreichten auch den Stellvertreter. Carter und Mondale kollidierten nur einmal in aller Härte, als der Präsident in den Tagen der Ölkrise eine Untergangsrede an die Nation hielt, von der Mondale ihm massiv abgeraten hatte.

In seinen letzten Lebenstagen telefonierte Mondale mit Wegbegleitern und auch mit dem amtierenden Präsidenten. Joe Biden erzählte nun, dass er sich zuerst von Mondale beraten ließ, nachdem ihm Barack Obama die Vizepräsidentschaft angetragen hatte.

In den Hallen der Präsidentschaftsbibliothek Jimmy Carters findet sich ein Zitat Mondales in Stein gemeißelt: "Wir haben die Wahrheit gesagt. Wir haben das Gesetz geachtet. Wir haben den Frieden bewahrt." Mehr wollte er über die kurze Amtszeit nicht hinterlassen. Am Montag starb er in seinem Haus in Minneapolis im Alter von 93 Jahren.

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