Hausarrest für Ex-Präsidenten:Moldaus Signal an Moskau

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Igor Dodon wird am Dienstag abgeführt - er behauptet, die Ermittlungen seien von "ausländischen Mächten" initiiert, die Festnahme von seiner Nachfolgerin persönlich angeordnet. (Foto: Aurel Obreja/AP)

Ermittler werfen dem prorussischen Politiker Igor Dodon Geheimnisverrat und Korruption vor. Es ist der vorläufige Höhepunkt eines Machtkampfs zwischen EU-Freunden und Russland-Treuen im Nachbarland der Ukraine.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Der russlandfreundliche Ex-Präsident der Republik Moldau, Igor Dodon, ist wenige Tage nach seiner Festnahme in der Hauptstadt Chisinau von einem Gericht mit einem 30-tägigen Hausarrest belegt worden. Unterdessen laufen die polizeilichen Ermittlungen gegen ihn weiter. Dodon war am Dienstag wegen des Verdachts des Geheimnisverrats, der Korruption, Bestechlichkeit und illegalen Parteienfinanzierung verhaftet worden. Sein Wohnhaus und Geschäftsräume einer von ihm gegründeten Gesellschaft zur Förderung der moldauisch-russischen Wirtschaftsverbindungen waren durchsucht worden.

Die Begründung für die Festnahme lautet unter anderem, dass Dodon auf Videoaufnahmen zu sehen ist, wie er Geld von einem mächtigen Oligarchen, dem mittlerweile aus dem Land geflüchteten Vlad Plahotniuc, angenommen haben soll. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte sich noch vor zwei Jahren geweigert, in diesem Fall zu ermitteln. Nun will die moldauische Regierung offenbar zeigen, dass sich die Zeiten geändert haben.

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Dodon sprach nach der Verhandlung in Chisinau am Donnerstag davon, dass die Vorwürfe gegen ihn politisch motiviert und von "ausländischen Mächten" initiiert seien, außerdem warf er seiner Nachfolgerin, der EU-freundlichen amtierenden Präsidentin Maia Sandu vor, persönlich die Anweisung für seine Festnahme gegeben zu haben.

In Moldau fürchten viele, in den Ukraine-Krieg hineingezogen zu werden

Für die kommenden Tage haben Parteifreunde Dodons Massendemonstrationen in der moldauischen Hauptstadt angekündigt. Das kleine, zwischen der Ukraine und Rumänien gelegene Moldau ist eine ehemalige Sowjetrepublik, in der die politischen Spannungen zuletzt durch den Ukrainekrieg noch massiv verstärkt wurden.

Der Hausarrest für den Chef der sozialistischen Partei (PSRM), der von 2016 bis 2020 Staatschef der Republik gewesen war, ist der bisherige Höhepunkt eines langen politischen Machtkampfs zwischen der prowestlichen Regierung unter Sandu und Ministerpräsidentin Natalia Gavrilița auf der einen und den Anhängern Moskaus auf der anderen Seite. Dodon hatte Sandu, als diese in einem ersten Anlauf 2016 kandidierte, noch geschlagen, war ihr aber in der Wahl 2020 unterlegen. Seither kämpft der von Moskau geförderte und und unterstützte Politiker für die Rückkehr zu einem prorussischen Kurs des Landes und gegen das von Sandu initiierte Beitrittsverfahren zur EU.

Sandu und Dodon sind die Protagonisten des Ringens um die künftige Ausrichtung des Landes. Nach ihrer Niederlage im Präsidentschaftswahlkampf 2016 war es Sandu nach der Parlamentswahl 2019 gelungen, sich zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen. Sie wollte einen Reformprozess starten, die korrupte Justiz umbauen und einen neuen Generalstaatsanwalt einsetzen. Anfangs unterstützten sie der damalige Präsident Dodon und ihr Koalitionspartner, die prorussischen Sozialisten; gemeinsam wollte man den Einfluss des Oligarchen Plahotniuc bekämpfen, der mit Mafiamethoden das Land ausraubte.

Doch der Streit über das Ausmaß der Reformen und die Korruption, die den Reformprozess kontinuierlich untergrub, führten zu einem Scheitern der Zusammenarbeit. Nach einer mehrmonatigen Parlaments- und Verfassungskrise, in die sich auch die EU und die USA einmischten, wurde Sandu von den Sozialisten gestürzt. Mit einem proeuropäischen Wahlkampf kehrte sie 2020 als Präsidentin an die Macht zurück.

Dodons Festnahme ist nun ein Signal an die EU, dass es Sandu mit dem Beitrittsgesuch ernst meint; in wenigen Wochen will Brüssel darüber erstmals beraten. Es ist aber zugleich auch eines von vielen Signalen der Distanzierung von Moskau, das sich entsprechend "besorgt" zeigte über die Ermittlungen. Putins Sprecher Dmitrij Peskow wird von der Deutschen Welle damit zitiert, dass man hoffe, Dodons Rechte würden in Moldau respektiert. In Transnistrien, dem seit 1992 von russlandtreuen Separatisten regierten Landesteil der Republik Moldau an der Grenze zur Ukraine, stehen auch einige Tausend russische Soldaten.

Mehrere Anschläge auf Verwaltungsgebäude und Sendemasten führten zuletzt zu der Vermutung, Transnistrien - und damit auch Moldau - könnten in den Krieg Russlands gegen die Ukraine hineingezogen werden. Vertreter Moskaus sprechen auch immer wieder vom Kriegsziel einer Landbrücke aus dem Donbass durch die Südukraine bis nach Transnistrien. Die EU hat angekündigt, ihre Militärhilfe für das Nicht-Nato-Mitglied Moldau deutlich zu erhöhen.

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