Mindestlohn:­Es dürfte noch ein bisschen mehr sein

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Die zwölf Euro Mindestlohn hat Kanzler Olaf Scholz, wie im Wahlkampf versprochen, durchgesetzt. Aber dann schlug die Inflation zu. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Eine große Mehrheit der Erwerbstätigen in Deutschland befürwortet einer neuen Umfrage zufolge den Mindestlohn - das gilt selbst für FDP-Wähler. Viele wünschen sich sogar mehr als die geplanten zwölf Euro.

Von Benedikt Peters, München

Christian Lindner hat sich nie so recht für den Mindestlohn erwärmen können. Ein "fataler Anreiz" sei dieser, schrieb der FDP-Chef 2014, er löse keine sozialen Probleme und schaffe stattdessen welche auf dem Arbeitsmarkt. Als die Ampel-Koalition dann in diesem Herbst ihren Koalitionsvertrag vorstellte, der gleich in der Präambel eine Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde ankündigt, sagte Lindner, das sei eine "einmalige Ausnahme".

Seine Wähler aber scheinen die Ablehnung nicht zu teilen. 69 Prozent aller Erwerbstätigen, die der FDP zuneigen, sind für den Mindestlohn. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Forschungsinstituts Yougov im Auftrag des Jobportals Indeed, sie liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

Anders als noch vor wenigen Jahren ist die Zustimmung zum Mindestlohn demnach keine Frage der Parteizugehörigkeit mehr. Auch unter Unions- (78 Prozent) und AfD-Wählern (72) wird der Mindestlohn grundsätzlich von breiten Mehrheiten gutgeheißen. Bei SPD (88), Linken (87) und Grünen (82) liegen die Werte erwartungsgemäß noch höher.

Der Plan der Bundesregierung, den Mindestlohn auf zwölf Euro zu erhöhen, stößt unter den Befragten insgesamt auf große Zustimmung, 78 Prozent sind dafür. Bei den weiblichen Erwerbstätigen ist der Zuspruch mit 84 Prozent noch deutlich ausgeprägter als bei ihren männlichen Kollegen (73 Prozent). Den Meinungsforschern zufolge könnte dies darauf zurückzuführen sein, dass rund zwei Drittel der Beschäftigten in den Berufen mit Mindestlohn Frauen sind.

15 Euro und mehr? 30 Prozent sind dafür

In Ostdeutschland (85 Prozent) ist die Zustimmung zur Erhöhung außerdem ausgeprägter als im Westen (76 Prozent). Dies könnte am niedrigeren Lohnniveau im Osten liegen. Auch unter den FDP-Anhängern wird die Erhöhung auf zwölf Euro mehrheitlich befürwortet (57 Prozent). Als Hauptgrund für ihre Zustimmung zum Mindestlohn geben die Befragten an, sie fänden, dass arbeitende Personen auch von ihrer Bezahlung leben können sollten. Eine angemessene Entlohnung sei eine Frage der Wertschätzung und des Respekts.

Könnten die Erwerbstätigen selbst den Mindestlohn festlegen, dann reichten zwölf Euro für viele nicht aus. 52 Prozent sind der Ansicht, dass er bei 13 Euro oder mehr liegen sollte. 30 Prozent sagen sogar, der Mindestlohn solle 15 Euro oder mehr betragen. Nach Ansicht von Ökonomen wäre eine solche, üppige Erhöhung allerdings gefährlich. Die Mannheimer Volkswirtschaftler Tom Krebs und Moritz Drechsel-Grau etwa prognostizieren, dass der Arbeitsmarkt ab einem Mindestlohn von über 13 Euro kippen könnte, dann müsse mit massiven Jobverlusten gerechnet werden. Einen Mindestlohn von 13 Euro fordert derzeit die Partei Die Linke.

Die etwa 7,2 Millionen Menschen in Deutschland, die Mindestlohn bekommen, erhalten zum Jahreswechsel zunächst eine Erhöhung von 9,60 Euro brutto auf 9,82 Euro brutto pro Stunde. Nach aktueller Gesetzeslage würde die nächste Erhöhung auf 10,45 Euro dann zum 1. Juli fällig. Bis dahin allerdings könnte die Bundesregierung schon tätig werden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte im Wahlkampf versprochen, die Erhöhung auf 12 Euro werde noch im Jahr 2022 kommen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat angekündigt, er werde Anfang des Jahres einen Gesetzesentwurf dazu vorlegen.

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