Es ist ein Abschied für eine lange Zeit. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat es sich am Montag nicht nehmen lassen, persönlich die Besatzung der Fregatte Bayern in Wilhelmshaven auf eine Reise in die Untiefen der Weltpolitik zu schicken. "Ihr Auftrag ist von politischer Bedeutung, und er erfordert Ihr großes seemännisches Können", sagte sie den mehr als 230 Besatzungsmitgliedern der Bayern. Bis Ende Februar werden die Frauen und Männer unterwegs sein. Die Route führt sie in den Indopazifik und zurück.
Damit soll nicht weniger als ein Bekenntnis zu offenen Seewegen verknüpft sein, genauso wie eine Botschaft an China. "Wir zeigen für unsere Werte und Interessen Flagge", sagte die Ministerin. Für Partnernationen im Indopazifik wie Australien, Japan und Südkorea sei es "Realität, dass die Freiheit der Meere eingeschränkt wird und Seewege nicht mehr sicher sind. Sie erleben, wie versucht wird, Gebietsansprüche nach dem Recht des Stärkeren durchzusetzen".
Gemeint sind die Konflikte um maritime Gebietsansprüche und militärische Machtdemonstrationen Chinas. Streitigkeiten gibt es etwa mit Taiwan, Malaysia und den Philippinen. Aber auch die Bedrohung durch nordkoreanische Atomwaffen etwa für Südkorea und Japan bezeichnete die Ministerin am Montag als "eine ganz reale". Deshalb werde sich die Bayern auf ihrer Mission auch an der Überwachung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea beteiligen.
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Zum ersten Mal seit knapp 20 Jahren wird wieder eine Fregatte der Bundeswehr im Indopazifik kreuzen. Den Soldatinnen und Soldaten sagte die Ministerin: "Sie werden in den kommenden Monaten einen wichtigen Beitrag dazu leisten und die Zusammenarbeit mit unseren Partnern im Indopazifik vertiefen."
Dagegenhalten, wo es nötig erscheint
Die Mission bedeute, nicht "gegen etwas oder jemanden zu sein, sondern gemeinsam für etwas einzustehen". Auch China sei ein Hafenbesuch angeboten worden, erklärte die Ministerin. "Um den Besuch der chinesischen Einheiten bei der Kieler Woche zu erwidern und um im Dialog zu bleiben", wie sie ausführte. Noch steht nicht fest, ob es dazu kommen wird. Sie sehe das so: "Wir arbeiten mit China zusammen, wo wir können." Trotzdem werde man dagegenhalten, dort, wo man dies müsse.
Provozieren will Deutschland China nicht. Auf ihrer Route wird die Fregatte sich also durchaus auch umstrittenen Gegenden nähern - aber nicht zu sehr. "Wir werden die üblichen Handelsrouten benutzen, wo eben jeder fahren kann", erklärte Admiral Kay-Achim Schönbach, Inspekteur der Marine. Fernhalten wird sich die Fregatte auch von Operationen der US-Marine, die mit ihren Kriegsschiffen gezielt Fahrten in von China beanspruchte Gewässer unternimmt.
Mit der Fahrt der Bayern will die Bundesregierung ihren im vergangenen Jahr verabschiedeten "Leitlinien zum Indopazifik" mehr Geltung verschaffen. Darin heißt es unter anderem: "Mehr als 90 Prozent des weltweiten Außenhandels werden auf dem Seeweg abgewickelt, davon ein Großteil über den Indischen und Pazifischen Ozean." Eine Beeinträchtigung dieser Seehandelswege und damit der Lieferketten von und nach Europa hätte gravierende Folgen für Wohlstand und Versorgung unserer Bevölkerung.
Der Koalitionspartner SPD hatte sich anfangs skeptisch gezeigt, was diese Mission angeht. Fraktionschef Rolf Mützenich, außenpolitischer Experte der Partei mit friedenspolitischem Profil, warf der Ministerin vor, einen Paradigmenwechsel voranzutreiben. Ihre Idee eines deutschen Engagements im Indopazifik erinnere ihn an das wilhelminische Weltbild eines "Platzes an der Sonne", erklärte er. "Wenn die Verteidigungsministerin einer militärischen Eindämmungsstrategie gegen China das Wort redet, geht mir das entschieden zu weit."
Die SPD hat Frieden mit der Mission geschlossen
In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau sprachen sich aber jüngst die verteidigungspolitische Sprecherin Siemtje Möller und der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid ebenfalls für eine Indopazifik-Strategie aus - aber auf europäischer Ebene. So, wie die Mission angelegt ist, ohne konfrontativen Charakter, hat die SPD mittlerweile auch ihren Frieden damit geschlossen. Der SPD-Politiker und Außenminister Heiko Maas sagte, im Indopazifik entscheide sich die Ausgestaltung der internationalen Ordnung der Zukunft. "Wir wollen diese mitgestalten und Verantwortung übernehmen für den Erhalt der regelbasierten internationalen Ordnung."
Für die Marine bedeutet die Mission einen Kraftakt. So klein wie heute war die Flotte noch nicht. Die Marine hat bei ihren Kriegsschiffen praktisch keine Reserven mehr für solche Missionen außer der Reihe. Dass zuletzt 2002 ein Schiff auf ähnlicher Mission war, liegt auch daran, dass die Marine Mühe hat, für die regulären Einsatzverpflichtungen Fregatten abzustellen. Auf dem Papier verfügt die Marine über acht solcher Schiffe, die derzeit überhaupt für eine Indopazifik-Mission infrage kommen. Allerdings liegt ein Großteil davon entweder in der Werft oder ist in anderen Einsätzen gebunden.