Machtkämpfe in der Union:CDU sieht Streit um Obergrenzen als erledigt an - CSU widerspricht

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Der baden-württembergische CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl stärkt Kanzlerin Angela Merkel den Rücken. (Foto: dpa)
  • CDU-Politiker zeigen sich zuversichtlich: Mit dem Abkommen mit der Türkei sei ein wichtiger Schritt zur Bewältigung der Flüchtlingskrise getan.
  • Flüchtlingskoordinator Altmaier hält damit auch den Ruf nach Obergrenzen für Flüchtlinge für obsolet.
  • In der CSU sieht man das allerdings anders.

Nach dem Flüchtlingsabkommen mit der Türkei halten führende CDU-Politiker den unionsinternen Streit um Flüchtlingsobergrenzen für beigelegt. Kanzleramtschef Peter Altmaier wertete die Vereinbarung der EU mit Ankara als "große Chance", das Ziel niedrigerer Flüchtlingszahlen auch tatsächlich zu erreichen, sagte er der Rheinischen Post. "Damit erledigt sich der Ruf nach Obergrenzen von selbst". Der Pakt der EU mit der Türkei sei "der bislang größte und wichtigste Schritt zur Lösung der Flüchtlingskrise".

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In der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" sagte Altmaier, der auch Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung ist, am Sonntagabend, außer Ungarn und der Slowakei machten "alle anderen bei der Verteilung mit". Die beiden Länder hatten vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Flüchtlingsverteilung geklagt. Es sei selbstverständlich, dass Deutschland aufgrund seiner Größe und Wirtschaftskraft mehr Flüchtlinge aufnehmen müsse als etwa Luxemburg oder Estland.

CDU-Vizechef Thomas Strobl schloss einen Alleingang Deutschlands bei der Flüchtlingsaufnahme aus. "Das ist eine europäische Herausforderung, und deshalb muss es eine europäische Antwort geben", sagte er der Welt. Er zeigte sich zuversichtlich, dass dank der Vereinbarung mit der Türkei auch die Zustimmung der Bevölkerung zur Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel wieder steigen werde. "Wir haben eine spürbare und nachhaltige Reduzierung der Flüchtlingszahlen versprochen, und das liefern wir jetzt", sagte Strobl.

CSU weiterhin skeptisch

CSU-Chef Horst Seehofer hatte sich am Sonntag deutlich skeptischer geäußert, was den Erfolg des Abkommens mit der Türkei angehe. Es bestehe die Gefahr, dass Deutschland wieder die Hauptlast trage, sagte er. Im Gegensatz zu Altmaier sieht er die Diskussion um eine Obergrenze von 200 000 Flüchtlingen pro Jahr nicht als erledigt.

"Es ist nicht gewährleistet, dass auch nur ein Flüchtling weniger kommt", sagte auch der bayerische Finanzminister Markus Söder. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte der Passauer Neuen Presse vom Montag, die aus der Türkei kommenden Flüchtlinge müssten gerecht auf alle EU-Mitgliedstaaten verteilt werden. "Hier dürfen sich die Nationalstaaten nicht aus der Verantwortung stehlen", sagte sie.

Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europaparlament, Manfred Weber, der ebenfalls der CSU angehört, hatte das Abkommen in der Passauer Neuen Presse hingegen als "Meilenstein" in der Flüchtlingskrise bezeichnet. Die Wochen des Streits und des nationalen Egoismus seien jetzt vorüber.

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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