Luftschlag in Afghanistan:Merkel gibt Regierungserklärung ab

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Die Kanzlerin will zu dem umstrittenen Luftangriff nahe Kundus eine Regierungserklärung im Bundestag abgeben. Inzwischen hat Verteidigungsminister Jung eingeräumt, dass es womöglich auch zivile Opfer gegeben hat.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist bereit zu einer Regierungserklärung über die Bombardierung zweier entführter Tanklastzüge in Afghanistan auf Anforderung der Bundeswehr.

Die Bundeskanzlerin und ihr Verteidigungsminister: Angela Merkel mit Franz Josef Jung auf dem Rückflug von Afghanistan im April 2009 (Foto: Foto: ddp)

Das erklärte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm auf die Frage von Journalisten, ob die CDU-Chefin am Dienstag eine solche Regierungserklärung abgebe. Zurzeit fänden Gespräche mit den Vertretern der Bundestagsfraktionen statt, sagte Wilhelm.

Ministerium stellt sich hinter Kommandeur

Zuvor hatte Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) eingeräumt, dass bei dem Luftangriff auf zwei Tanklastwagen in Nordafghanistan möglicherweise auch Zivilisten getötet wurden.

"Wenn es zivile Opfer oder auch zivile Verletzte gegeben hat, dann gilt denen unser Mitgefühl, und wir werden uns auch diesbezüglich mit den Betroffenen dann in Verbindung setzen", sagte CDU-Politiker Jung in Bonn.

Sein Ministerium rechtfertigte inzwischen den kritisierten Luftschlag: "Dieser Einsatz war richtig", sagte Ministeriumssprecher Thomas Raabe in Berlin. Der vom deutschen Kommandeur des Standorts Kundus im Norden Afghanistans angeordnete Luftangriff sei "militärisch notwendig" gewesen.

"Wir stehen hinter dem Kommandeur." Raabe ließ offen, ob es zivile Opfer gegeben hat. "Wir haben bis zum jetzigen Zeitpunkt keine konsolidierten Kenntnisse über zivile getötete Personen."

Nach Angaben des Distrikt-Gouverneurs sind bei dem Angriff am Freitag mindestens 135 Menschen getötet worden, darunter auch Kinder. Der Gouverneur von Char Darah, Abdul Wahid Omarkhel, sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa, es sei unklar, wie viele der Toten Zivilisten sind. Unter den Opfern sei aber eine große Anzahl Kinder.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Berlin hatten mehrere "sehr zuverlässige" Quellen davon gesprochen, dass es sich ausschließlich um regierungsfeindliche Kräfte rund um die Lastwagen handle. Der Angriff sei nach vorangegangener Luftaufklärung von zwei F-15-Kampfjets ausgeführt worden. Angesichts von Unklarheiten über den Zeitablauf verwies Raabe auf weitere Untersuchungen.

Afghanische offizielle Quellen hätten auch am Sonntag bestätigt, dass ausschließlich 56 regierungsfeindliche Kräfte bei dem Angriff getötet worden seien. Zwölf Menschen seien verletzt worden.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) telefonierte nach Raabes Angaben am Sonntag mit dem Oberbefehlshaber der ISAF-Schutztruppe, dem US-amerikanischen Vier-Sterne-General Stanley McChrystal.

© dpa/AP/Reuters/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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