Camilla Kohrs
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Liebe Leserinnen und Leser, das vorläufige Endergebnis zeigt, was sich den Tag über schon abgezeichnet hat: Die Konservativen haben die absolute Mehrheit im Parlament, der geregelte Brexit im Zeitplan ist wahrscheinlicher geworden. Alles Weitere lesen Sie in Kürze bei uns.Camilla Kohrs
Reaktionen aus dem Ausland, Teil II
Russlands Präsident Wladimir Putin strebt einen konstruktiven Dialog mit Großbritannien an. „Ich bin mir sicher, dass die Entwicklung eines konstruktiven Dialogs und die Zusammenarbeit im Interesse unserer Länder und des gesamten europäischen Kontinents sein würde“, hieß es in einem Glückwunschschreiben an Johnson.Der französische Präsident Emmanuel Macron warnte Großbritannien davor, nach dem Brexit ein unfairer Wettbewerber zu werden. Im Falle einer zu starken Deregulierung könne das Land den Zugang zum EU-Markt verlieren. "Ich denke nicht, dass man mit stubstanziellen regulatorischen Unterschieden bei Klima, Umweltschutz, Wirtschaft oder Sozialem eine enge Beziehung zum europäischen Binnenmarkt haben kann", sagt Macron nach dem EU-Gipfel in Brüssel.
Viktor Orbán, der ungarische Ministerpräsident, gratulierte Johnson zunächst zum Wahlsieg. "Ich gratuliere Ihnen, dass es Ihnen gelungen ist, den Willen Ihres Volkes durchzusetzen, das seine Souveränität außerhalb der Europäischen Union (EU) gesichert haben will“, hat Orbán seinem Sprecher zufolge an Johnson geschrieben.
Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel äußerte sich erleichtert. "Die Leute sind es leid", sagt der Liberale. Johnson müsse jetzt endlich liefern, was er versprochen habe - den Brexit. Das wäre gut für alle.
Mehr Reaktionen finden Sie in dem Eintrag von 11.13 Uhr.
Camilla Kohrs
Alle Wahlkreise ausgezählt: 365 Sitze für Tories
Nun ist auch der letzte Wahlkreis ausgezählt und das vorläufige Endergebnis steht fest: Die Konservativen von Premierminister Boris Johnson haben bei der Parlamentswahl in Großbritannien 365 Mandate im Parlament errungen und damit einen Vorsprung von 80 Mandaten auf die anderen Parteien.Auch der Wahlkreis St. Ives, der erst zum Nachmittag ausgezählt werden konnte, geht an die Konservativen. Zu dem Wahlkreis gehören mehrere Inseln, von denen die Wahlzettel wegen des schlechten Wetters zunächst nicht in die Auszählungszentrale gebracht werden konnten.
Christian Endt
Nur ein Drittel der neuen Abgeordneten sind Frauen
Dem neu gewählten Unterhaus werden doppelt so viele Männer wie Frauen angehören. In der konservativen Mehrheitsfraktion liegt der Frauenanteil sogar bei weniger als einem Viertel.
Jana Anzlinger
Merkel: Brexit als "belebendes Element"
Auch die Bundeskanzlerin sieht sehr großen Zeitdruck für Verhandlungen mit London. "Unser größter Knackpunkt wird sein, dass wir diese Verhandlungen sehr schnell machen müssen, weil wir bereits am Ende kommenden Jahres fertig sein müssen", sagte Merkel nach Abschluss des EU-Gipfels.
Ansonsten nahm die Kanzlerin eine sehr optimistische Perspektive ein: Großbritannien sei zwar in Zukunft "ein Wettbewerber, der sich anstrengen wird". Aber das könne "uns ja auch manchmal ein bisschen beflügeln, etwas schneller zu werden und etwas entschiedener" zu handeln. "Also, ich sehe da eher ein belebendes Element, wenn ich mich nun schon damit abfinden muss, dass Großbritannien die Europäische Union verlässt", so die Kanzlerin.
Zu Wahlsieger Johnson sagte Merkel: "Chapeau, muss man einfach sagen, dass ihm das gelungen ist."
Aris Oikonomou/afp
Camilla Kohrs
Von der Leyen hofft auf "beispiellose Partnerschaft" nach dem Brexit
Die neue EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen hat sich beim EU-Gipfel in Brüssel auch zu Großbritannien geäußert. Nach ihrer Einschätzung sind einheitliche Spielregeln das wichtigste Thema bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen, die nach dem Brexit anstehen. Die EU will in den Verhandlungen einen Verzicht auf Zölle, Quoten und Dumping erreichen. Großbritannien werde ein Drittland für die EU werden, "aber wir werden eine beispiellose Partnerschaft haben", sagte von der Leyen. Es sei zudem wichtig, weiterhin eng mit Großbritannien in Sicherheitsfragen zusammenzuarbeiten.
Die Kommissionschefin mahnte die neue Regierung zur Eile. Der Brexit-Fahrplan sei herausfordernd. Man gehe davon aus, dass das britische Parlament den Brexit-Vertrag bis Ende Januar ratifizieren werde. Anschließend habe man nur elf Monate Zeit, um über ein Handelsabkommen zu verhandeln, aber auch über die Zusammenarbeit in weiteren Bereich wie Verkehr und Fischerei. Dies sei sehr knapp. Bis zum Ende der Übergangsphase am 31. Dezember 2020 sollten die Verhandlungen soweit kommen wie möglich.
REUTERS/Yves Herman
Jana Anzlinger
Schottland will Prozess für neues Referendum nächste Woche einleiten
Bei einer Rede in Edinburgh sagt die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon, es sei jetzt die Zeit für das schottische Volk gekommen, über seine Zukunft zu entscheiden. Das schottische Parlament werde kommende Woche Details dazu vorlegen, wie ein erneutes Unabhängigkeitsreferendum rechtssicher auf den Weg gebracht werden könne. Der Zugewinn von 13 Sitzen für die SNP sei "eine überwältigende Befürwortung unserer Botschaft". Die Schotten hätten das Recht, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, sagte Sturgeon. "Sie, als Führer einer in Schottland geschlagenen Partei, haben nicht das Recht, sich in den Weg zu stellen", rief sie Johnson zu. Der britische Premier lehnt eine neuerliche Abstimmung über eine Eigenständigkeit Schottlands ab.
Sturgeon muss den sogenannten Article 30 des Schottland-Acts ziehen, um ein rechtlich bindendes Referendum abhalten zu können. Das würde bedeuten, dass eine entsprechende Befugnis von Westminster auf das Regionalparlament in Edinburgh übertragen würde. Darüber müssen beide Kammern des Parlaments in Westminster befinden. Gängige Meinung in Großbritannien ist, dass Johnson den Schotten ein Referendum nicht auf alle Zeit verweigern können wird. Eine Verweigerungshaltung könnte das Land in eine neue Verfassungskrise stürzen. 2014 hatte sich eine Mehrheit der Schotten für einen Verbleib im Königreich ausgesprochen.
Andy Buchanan/afp
Anna Ernst
Corbyns Rückzugsrede
Auf Twitter hat sich Jeremy Corbyn erneut geäußert. "Es war eine sehr enttäuschende Nacht", schreibt er. "Aber ich bin stolz darauf, dass wir allen Teilen dieses Landes unsere Botschaft der Hoffnung, der Einheit und der Gerechtigkeit überbracht haben."
Beigefügt ist ein fünfminütiger Zusammenschnitt seiner Rede zum Wahlausgang. Es ist die Rede, mit der Corbyn seinen Rückzug angekündigt hat: Er werde die Partei nicht in die nächste Wahl führen. Allerdings bleibe er zunächst an der Spitze, um das Debakel aufzuarbeiten: "Ich werde die Partei durch die kommende Zeit führen."
Die Rede aber beginnt er mit einem Angriff auf die Medien: Das Eindringen in die Privatleben sowie Attacken gegen Familienmitglieder von Politikern sei "erbärmlich und ekelhaft". Gerade deshalb gebühre seinen Angehörigen und den drei Söhnen Dank, vor allem aber auch seiner Frau: "für die Art wie sie es ausgehalten hat, wie die Medien sich mir und ihr gegenüber und - in der Tat - auch gegenüber meiner Partei verhalten haben bei dieser Wahl".
Schuld am Wahlergebnis ist für ihn die Brexit-Debatte: "Der Brexit hat so polarisiert und die Debatte im Land gespalten. Er hat so viel von unserer normalen politischen Debatte im Land überschrieben. Und ich erkenne, das hat zu dem Ergebnis beigetragen, das die Labour Party in dieser Nacht überall im Land erhalten hat."
Jana Anzlinger
Johnson zurück von der Queen
Nach einem Besuch im Buckingham Palace kehrt Johnson in die Downing Street zurück. Er hat sich von Königin Elizabeth II. formell die Erlaubnis zur Bildung einer neuen Regierung eingeholt. Das vertrauliche Gespräch zwischen Queen und Premier dauerte mehr als eine halbe Stunde. Zahlreiche Touristen hatten die Ankunft und Abfahrt Johnsons beobachtet.
Henry Nicholls/reuters
Oliver Das Gupta
Maas: Johnson hat eindeutiges Brexit-Mandat
Bundesaußenminister Heiko Maas sieht den Wahlausgang als klares Votum für den Brexit-Kurs des Premierministers. Johnson habe ein "eindeutiges Mandat", den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zu vollziehen, sagte der SPD-Politiker der Funke Mediengruppe. Man wolle, dass Großbritannien künftig ein enger Partner Europas bleibe, "wirtschaftlich genauso wie in der in der Außen- und Sicherheitspolitik".
Maas' Parteifreund und Europastaatsminister Michael Roth kritisierte den unklaren Kurs von Jeremy Corbyn in der Brexit-Frage, ohne den Labour-Chef beim Namen zu nennen. "In Sachen Europa dürfen Sozis niemals rumtricksen, gar neutral sein," twitterte Roth auf Deutsch und auf Englisch. "Wir sind und bleiben Internationalisten und leidenschaftliche Europäerinnen. Wer das nicht kapiert, geht unter. Traurig!"
Jana Anzlinger
Cameron: "Boris hat meine volle Unterstützung"
Er hat das Brexit-Referendum 2016 veranlasst: Ex-Premier David Cameron hat sich nun zum Erdrutschsieg seines Nach-Nachfolgers geäußert. In einem Clip von ITV News gratuliert Cameron dem Premier zu einer starken handlungsfähigen Regierung. "Boris hat meine volle Unterstützung", sagt Cameron. Zum Brexit äußert er sich in dem Videoausschnitt nicht.
Barbara Galaktionow
Jewish Labour Movement fordert Corbyn zum sofortigen Rücktritt auf
Das Jewish Labour Movement, eine parteiinterne jüdische Gruppierung, verlangt von Labour-Chef Jeremy Corbyn den sofortigen Rücktritt. Die Wahlschlappe der Partei gehe voll und ganz auf die Parteiführung zurück, heißt es in einem Tweet. Die Gruppierung führt die Niederlage auf die Unbeliebtheit Corbyns durch die Öffentlichkeit und die unklare Position zum Brexit zurück - und auf die Vorwürfe, Corbyn sei nicht nachdrücklich genug gegen antijüdischen Rassismus vorgegangen.
Aus Unzufriedenheit über Corbyn hatte das Jewish Labour Movement sich schon aus dem diesjährigen Wahlkampf der Partei überwiegend zurückgezogen und nur noch einzelne Labour-Kandidaten unterstützt.
Der britische Zentralrat der Muslime wiederholte unterdessen seine Kritik an Johnson. Es gebe "eine spürbare Angst unter muslimischen Communities im Land", so ihr Generalsekretär Harun Khan. "Mr Johnson ist mit großer Macht betraut worden und wir beten dafür, dass mit dieser Macht auf eine für alle Briten verantwortungsvolle Weise umgegangen wird." Johnson hat in der Vergangenheit mit islamfeindlichen Beleidigungen provoziert.
Christian Endt
So hat das Brexit-Großbritannien gewählt
Wenn man auf einer Karte nur jene Wahlkreise einfärbt, die beim Referendum 2016 mehrheitlich für den EU-Austritt gestimmt haben, zeigt sich ein wesentlicher Faktor für den Wahlsieg der Konservativen, die ihren Wahlkampf ganz auf den Brexit ausgerichtet hatten. Kurios: Einer der beiden schottischen Wahlkreise, in denen das Leave-Lager vorne lag, hat nun die Liberaldemokraten gewählt – eine entschiedene Remain-Partei.
Christian Simon
Johnson auf dem Weg zur Queen
Wahlsieger Boris Johnson befindet sich zur Zeit auf dem Weg zum Buckingham Palace, wie verschiedene Medien berichten. Dort wird ihn die Queen mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen. Danach wird er dann zurück in die Downing Street fahren, den Amtssitz des britischen Premierministers. Dort wird eine weitere Rede des alten und neuen Regierungschefs erwartet.
Buckingham Palace vor der Audienz Johnsons. AFP/Niklas Halle'n
Anna Ernst
Presseschau: "Nightmare before X-mas"
Die britische Boulevard-Zeitung Daily Mirror gilt als Labour-nah und kann sich in ihrer Freitagsausgabe wenig über Johnsons Erdrutschsieg freuen. In Anspielung auf den Tim-Burton-Film aus den Neunzigern titelt sie heute: "Albtraum vor Weihnachten"
Der Daily Telegraph hingegen trägt auf der Titelseite die Zeile "Johnsons historischer Sieg". Die Schlagzeile der Spätausgabe des Express lautet: "Der britische Löwe brüllt für Boris und den Brexit".
Einen genauen Blick in die Presseschau - auch international - finden Sie hier.
Alberto Pezzali/AP
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