Steinmeier in Litauen:Endlich genug Unterwäsche

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Litauens Präsident Gitanas Nausėda (rechts) erklärt beim Besuch von Frank-Walter Steinmeier, dass sein Land bereit ist, noch mehr deutsche Soldaten aufzunehmen. (Foto: AP)

Fast 1000 deutsche Soldaten stehen in Litauen. Beim Besuch von Bundespräsident Steinmeier wird klar: Dort zeigt sich im Kleinen schon jetzt, was im Großen mit der gesamten Bundeswehr passieren soll.

Von Robert Roßmann, Rukla

Normalerweise haben Reisen des Bundespräsidenten einen langen Vorlauf. Doch diesmal ist alles anders. Am Montag, keine 24 Stunden nach der Zeitenwende-Rede des Kanzlers im Bundestag, hat sich Frank-Walter Steinmeier dafür entschieden, an diesem Donnerstag nach Litauen zu fliegen. Die Reise sei "ein öffentliches Bekenntnis", dass Deutschland die baltischen Staaten nicht alleine lassen werde, sagen sie im Präsidialamt. Und so steht Steinmeier jetzt in einer litauischen Kaserne neben Präsident Gitanas Nausėda und versichert seinem Amtskollegen Deutschlands Solidarität.

Doch Hoffnung kann Steinmeier angesichts der Lage in der Ukraine nicht verbreiten. "Signale für Deeskalation" aus Moskau habe es bisher nicht gegeben, sagt der Bundespräsident. Er könne nicht sagen, ob Russland überhaupt gewillt sei, irgendwann auf ernste Gespräche einzugehen. Die jüngsten Botschaften aus Moskau würden eher darauf hindeuten, dass Wladimir Putin den Krieg bald mit schwereren Waffen fortführen werde.

Die Kaserne, auf deren Gelände Steinmeier das sagt, liegt in Rukla, einem kleinen Ort 90 Kilometer vor der Hauptstadt Vilnius. Hier hat die "Nato Enhanced Forward Presence Battle Group Litauen" ihren Sitz. Solche internationalen Battle Groups stehen auch in Lettland, Estland und Polen. Die Nato hat sie nach der Annexion der Krim durch Russland 2014 zur Abschreckung eingerichtet. Die Einheit in Litauen wird von der Bundeswehr geführt - zurzeit sind dort etwa 1600 Soldaten im Einsatz, tausend von ihnen aus Deutschland. Der Besuch Steinmeiers ist also zweierlei: Er soll den Litauern zeigen, dass Deutschland sie nicht vergisst. Und er soll den Bundeswehrsoldaten in Rukla den Rücken stärken.

Ein Angriff "auf die gesamte westliche Welt"

Es ist noch nicht lange her, dass die deutsche Wehrbeauftragte sich bitterlich darüber beklagt hat, dass es in Rukla nicht einmal genügend dicke Jacken und Unterwäsche für alle Soldaten gebe. Zumindest wenn man dem Kommandeur glaubt, scheint die Zeit derartiger Probleme vorbei zu sein. "Was wir brauchen, bekommen wir jetzt mit atemberaubender Geschwindigkeit", sagt Oberstleutnant Daniel Andrä. In Rukla scheint sich im Kleinen schon zu zeigen, was nun im Großen mit der gesamten Bundeswehr passieren soll.

Präsident Nausėda begrüßt in Rukla den Kurswechsel Deutschlands in der Außen- und Sicherheitspolitik als großen Schritt. Aber er geht ihm noch nicht weit genug. Nausėda verlangt umfangreichere Waffenlieferungen. Er sagt, dass Litauen bereit sei, "noch mehr deutsche Truppen" aufzunehmen. Und er fordert, dass die Ukraine EU-Mitglied werden soll. Denn der Angriff Russlands auf die Ukraine sei ein Angriff auf ganz Europa und "auf die gesamte westliche Welt".

Litauen grenzt an die russische Exklave Kaliningrad und an Belarus, das Land von Putins Autokraten-Kumpel Alexander Lukaschenko. "Wenn die Ukraine heute fällt, steht Putin morgen vor unserer Tür", hat Nausėda bereits am vergangenen Samstag bei einem Besuch in Berlin gesagt. Und Litauens Ministerpräsidentin Ingrida Šimonytė hat in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung beklagt, was jetzt in Deutschland passiere, "hätte schon vor Jahren getan werden müssen". Mit seinem Besuch in Litauen hat Steinmeier nun versucht, den Unmut der Litauer zu dämpfen.

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