Hessen:Linken-Fraktionschefin erhält Morddrohungen

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Janine Wissler, Fraktionschefin der Linken in Hessen und engagiert gegen Rechtsextremismus und Rassismus, erhielt zwei E-Mails mit Beschimpfungen und Drohungen. (Foto: imago images/Jan Huebner)

Ein Unbekannter schickt der Abgeordneten Janine Wissler Beschimpfungen und Drohungen. Der Absender gibt sich als Angehöriger der Polizei mit Insiderwissen aus.

Von Matthias Drobinski, Frankfurt

Zwei Mails hat die hessische Linken-Fraktionschefin Janine Wissler im Februar erhalten - mit üblen Beschimpfungen und der Drohung, es werde einen "Tag X" geben, an dem die Polizei sie nicht beschützen könne. Der Absender dieser Todesdrohung verwendete die Grußformeln "Sieg Heil" und "Heil Hitler" und einen Namen, der auch aus anderen Drohmails bekannt ist: NSU 2.0. Die Landtagsabgeordnete Wissler, die sich seit Langem gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagiert, bestätigte am Wochenende einen entsprechenden Bericht der Frankfurter Rundschau.

Damit spricht einiges dafür, dass derjenige, der die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz und ihre kleine Tochter immer wieder mit dem Tod bedroht, auch in diesem Fall der Täter ist. Die Anwältin der Familie von Enver Simsek, dem ersten Opfer der rechtsextremen Terror-Organisation NSU, wurde in mittlerweile mehr als einem Dutzend Mails beschimpft und bedroht; der Absender der ersten Drohmail verwendete Daten von ihr, die er vom Rechner eines Frankfurter Polizeireviers abgerufen hatte.

Seit nunmehr bald zwei Jahren sucht die Frankfurter Staatsanwaltschaft vergebens den Urheber dieser Drohungen. Bei ihren Recherchen stieß sie auf sechs Beamte des betroffenen Polizeireviers, die rechtsextreme Botschaften in einem Chat ausgetauscht hatten; sie wurden vom Dienst suspendiert.

Auch der Urheber des Schreibens an Janine Wissler verwendet nach Angaben der Frankfurter Rundschau Informationen über die Landtagsabgeordnete, die öffentlich nicht zugänglich sind, und gibt sich als Angehöriger der Polizei aus, der Insiderinformationen besitzt. Wie glaubhaft dies ist, bleibt unklar. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft wollte sich zu den beiden Schreiben aus "ermittlungstaktischen Gründen" nicht äußern.

Die Linke im hessischen Landtag zeigte sich "erschrocken und erschüttert" über die Drohmails; der Angriff sei "ein Angriff auf unsere gesamte Partei und ein Angriff auf unsere politischen Werte"; man werde sich aber nicht einschüchtern lassen und den "Kampf gegen rechts und für einen entschiedenen Antifaschismus noch weiter verstärken".

CDU, SPD, Grüne und FDP nannten in einer gemeinsamen Stellungnahme die Drohungen "abscheulich und widerwärtig"; die Parallelen zu den Angriffen auf Seda Basay-Yildiz seien "erschreckend". "Wer Abgeordnete mit dem Tod bedroht, greift uns alle an", heißt es in der Erklärung; "wir können und werden unsere Demokratie gemeinsam gegen die Bedrohung von rechts verteidigen". Die AfD betonte, man verurteile solche Drohungen "mit aller Schärfe" und hoffe, dass der Urheber der Mails bald ermittelt und "mit aller Härte des Gesetzes" bestraft werde.

© SZ vom 06.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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