Linke im Machtkampf:Lafontaine drängt auf Generationswechsel

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Nächste Runde im Kampf um den Linken-Vorsitz: Lafontaine zeigt sich "etwas erleichtert", nicht den Vorsitz zu übernehmen, und fordert junge Köpfe an der Parteispitze. Seine Lebensgefährtin Wagenknecht verlangt eine Führung, die das gesamte Parteispektrum verkörpert - und rät den Genossen, ihre Aggressionen künftig wieder am politischen Gegner auszulassen.

Am Tag, nachdem Oskar Lafontaine sich geschlagen gegeben hat, sitzt er bei Anne Will und redet. Eines von mehreren Argumenten gegen ihn als Linken-Chef war sein Alter. Mit diesem Argument arbeitet der Saarländer nun in der Talkshow am Mittwochabend, genauer: Er setzt sich an die Spitze derjenigen, die jüngere Gesichter in der Führung der Linken fordern.

Schafft sie, was ihm verwehrt bleibt? Oskar Lafontaine mit seiner Lebensgefährtin, der möglichen Kandidatin für den Vorsitz, Sahra Wagenknecht. (Foto: dapd)

Es gebe nun viele Kandidaten, darunter auch unbekannte, sagt Lafontaine. Aber es sei an der Zeit, den Generationswechsel an der Spitze zu vollziehen. Lafontaine will also Jüngere an der Spitze seiner Partei - so wie etwa Sahra Wagenknecht? "Ich muss meine Befangenheit an dieser Stelle erklären", sagt er mit Blick auf seine Lebensgefährtin und setzt listig hinzu. "Ich würde sagen, da sollte man andere urteilen lassen. Ich habe den Eindruck, dass sie nicht so schlecht beurteilt wird."

Zuvor hat sich Noch-Parteichef Klaus Ernst in der Süddeutschen Zeitung für Wagenknecht als seine Nachfolgerin ausgesprochen.

Erklärt hat sich Wagenknecht nach dem Rückzug Lafontaines zu ihrer persönlichen K-Frage noch nicht. Allerdings meldet sie sich nun via Bild zu Wort und fordert eine Parteiführung, die für das ganze Spektrum der Linkspartei steht. "Wir brauchen eine neue Führung, die die gesamte Linke und den Kurs des Parteiprogramms verkörpert". Außerdem fordert sie von ihren Genossen, Aggressionen künftig lieber nach außen, statt nach innen zu richten: "Wir müssen wieder angriffslustig werden und unsere Attacke auf den politischen Gegner lenken statt auf uns selbst."

Anders als Wagenknecht hat Katharina Schwabedissen schon erklärt, auf dem anstehenden Göttinger Parteitag für den Vorsitz zu kandidieren. Nun macht sie Wahlkampf. Die nordrhein-westfälische Linken-Landesvorsitzende preist ihre gemeinsame Kandidatur mit Bundesvize Katja Kipping für den Bundesvorsitz als Aufbruch für die Partei. Die Linke diskutiere sehr lebhaft über die Bewerbung und das damit verbundene Angebot eines dritten Weges, sagt Schwabedissen dem Radiosender NDR Info.

Ramelow: Zwei Frauen an der Spitze wären Gewinn

"Ich würde sogar sagen, der Aufbruch hat schon stattgefunden, weil einfach diese Debatte jetzt stattfindet, zu sagen, was wollen wir denn jetzt eigentlich", sagte Schwabedissen. Die Partei müsse innehalten, Bilanz ziehen und dann neu aufbrechen. "Aufzustehen, zu sagen: Wir geben nicht auf, das ist was, was ich sehr verkörpere", sagte Schwabedissen und spielte damit wohl auf die herbe Wahlniederlage ihrer NRW-Linken an, die bei der Landtagswahl auf 2,5 Prozent abschmierte.

Eine Doppelspitze mit dem Reformer Dietmar Bartsch schließt Schwabedissen aus - was den wiederum auf die Palme bringt. Er kritisierte im ARD- Morgenmagazin "diese Ausschließeritis oder etwa diese Aufforderungen, zu kandidieren oder nicht zu kandidieren". Der Vize-Fraktionschef wartet auf die Entscheidung bei der nächsten Vollversammlung der Partei in Göttingen: "Wir haben einen Souverän, der entscheidet, und das ist der Parteitag."

Der Thüringer Linken-Fraktionschef Bodo Ramelow fände eine weibliche Parteiführung positiv: "Zwei Frauen an der Spitze wären sicher ein Gewinn." Aber die entscheidende Frage sei, wer dann andere wichtige Posten wie etwa den des Bundesgeschäftsführers oder Bundesschatzmeisters besetze. "Ich kann mir Dietmar Bartsch an mehreren Stellen unserer Partei vorstellen", so Ramelow zur Saarbrücker Zeitung. Mehrere Kandidaturen seien kein "Kuddelmuddel, sondern Ausdruck von Demokratie und Stärke, wenn dabei am Ende alle in der Partei mitgenommen werden".

Es spreche auch nichts dagegen, dass Bartsch als bisher einziger männlicher Bewerber gegen ein Bewerberinnen-Duo antrete, betonte Ramelow schon zuvor in einer Erklärung. Der Wahl-Thüringer plädierte dafür, dass die Partei bei der Bundestagswahl 2013 trotz neuer Führung noch einmal auf ein bewährtes Duo zurückgreift: Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi - und Lafontaine.

Lafontaine hat keine Lust auf "Hahnenkämpfe"

Der erklärt später im Fernsehen, wie es nun um ihn stehe, nachdem er nicht länger mit dem Vorsitz liebäugelt. Der 68-Jährige empfindet das nicht als so dramatisch, zumindest sagt er das. Er sei eineinhalb Jahre lang bedrängt worden, das Amt zu übernehmen, sagt er. Nach langem Zögern habe er sich breitschlagen lassen. Allerdings sei er nicht bereit, "Hahnenkämpfe" auszutragen.

Viele der Lafontainisten sind nun traurig und enttäuscht, dass "de Oskar" zurückgesteckt hat. Er wisse das, sagt er, aber eine Spitzenkandidatur sei kein Job, der immer nur Freude bereite. Daher sei er auch "etwas erleichtert", dass er die Bürde eines Parteivorsitzenden in den kommenden beiden Jahren nicht tragen müsse.

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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