Proteste in Beirut:Libanons Regierung tritt zurück

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Seit der Explosions­katastrophe in Beirut machte die Bevölkerung bei Massen­protesten die Politiker mitverantwortlich. Jetzt erklärt Premier Hassan Diab seinen Rücktritt in einer Fernsehansprache.

Von Dunja Ramadan, München

Wegen der verheerenden Explosion und den folgenden Massenprotesten in der Hauptstadt Beirut ist die libanesische Regierung am Montag zurückgetreten. Ministerpräsident Hassan Diab sagte bei einer Fernsehansprache am Abend, er habe erkennen müssen, dass das "System der Korruption größer ist als der Staat". Die politische Klasse sei die wahre Tragödie des libanesischen Volkes. Sie habe sich mit allen Mitteln gegen die neue Regierung gewehrt, um Veränderungen zu verhindern. Damit schloss er eigene Verantwortung aus. Seine Regierung habe "viele falsche Anschuldigungen ertragen", so Diab. Er wolle nun "einen Schritt zurücktreten", um dem Wunsch der Libanesen nach einem "Staat des Rechts, der Gerechtigkeit und der Transparenz" nachzukommen. Während seiner Rede kam es am Montagabend im Zentrum Beiruts zu Gefechten zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Bereits am vergangenen Wochenende war es zu Protesten gegen die Regierung und die politische Elite gekommen. Wütende Demonstranten versuchten ins Parlament zu gelangen und lieferten sich Gefechte mit den Sicherheitskräften. Sie machten die Korruption und Nachlässigkeit der Regierung für die Katastrophe verantwortlich. Ein Polizist wurde nach offiziellen Angaben getötet, mehr als 200 Menschen erlitten Verletzungen. Daraufhin hatten mehrere Minister ihre Ämter zurückgegeben. Zuletzt legten am Montag die Justizministerin Marie-Claude Najm und Finanzminister Ghasi Wasni ihre Ämter nieder. Vor ihnen hatten bereits Informationsministerin Manal Abdel Samad und Umweltminister Kattar Demianos ihre Posten aufgegeben. Premier Diab hatte am Wochenende vorgezogene Neuwahlen vorgeschlagen. Die nächste reguläre Wahl wäre eigentlich erst 2022 angestanden. Wegen der enormen Staatsverschuldung steckt das Land in der tiefsten Wirtschaftskrise seiner Geschichte.

Hassan Diab hatte laut Regierungskreisen mit allen Mitteln versucht, sein Kabinett zusammenzuhalten. Seine Regierung ist erst seit dem Januar im Amt. Nach Massendemonstrationen, die im vergangenen Herbst durch die Verkündung neuer Steuerabgaben ausgelöst worden waren, sollten seine Minister als "Rettungsteam" antreten, wie es Diab damals formulierte. Doch stattdessen wurde sein 20-köpfiges Kabinett von bekannten Fraktionen zusammengestellt, einschließlich der schiitischen Hisbollah und der Amal-Partei.

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Auch Diab, der nun jegliche Verantwortung von sich weist, wird von der Iran-treuen Hisbollah unterstützt, die in Libanon extrem mächtig ist.

Bei der Explosion am 4. August waren im Hafen von Beirut rund 160 Menschen getötet und fast 6000 verletzt worden. Weite Teile der Hauptstadt sind verwüstet. Knapp 300 000 Menschen wurden obdachlos. Als Ursache der Katastrophe gilt ein Feuer, das 2750 Tonnen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat zur Detonation brachte. Das Ammoniumnitrat war fast sieben Jahre lang ohne Sicherheitsvorkehrungen in einer Halle am Hafen gelagert worden.

© SZ vom 11.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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