Die schwere Explosion im Hafen von Beirut hat einen Schaden von mehr als 15 Milliarden Dollar (12,7 Milliarden Euro) angerichtet. Diese vorläufige Schätzung äußerte der libanesische Präsident Michel Aoun, wie die Zeitung Daily Star berichtete. Nach jüngsten Zahlen starben bei der Explosion mindestens 171 Menschen, 6000 weitere wurden verletzt.
Bei einem Treffen mit dem deutschen Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte Aoun am Mittwoch laut Bericht, Libanon befinde sich "im Prozess, die notwendigen Reformen, den Kampf gegen Korruption sowie eine strafrechtliche Untersuchung durchzuführen".
Maas knüpfte Investitionen und langfristige Hilfen an durchgreifende Reformen. "Wir hoffen, dass die politischen Verantwortlichen die Zeichen der Zeit erkannt haben", sagte Maas in Beirut, wo er den Ort der verheerenden Explosion besuchte.
"Ich glaube nicht, dass die internationale Staatengemeinschaft bereit ist, in dieses Land zu investieren, wenn es nicht Reformen gibt, wenn es für diese Investitionen nicht auch Sicherheit gibt." Nötig seien Rechtssicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Wirtschaftsreformen, sagte Maas, der auch Vertreter der Zivilgesellschaft und Botschaftsangehörige traf. "Die politische Elite in diesem Land muss umdenken", forderte er.
Die internationale Staatengemeinschaft hat Libanon bislang Not- und Wiederaufbauhilfe in Höhe von rund 250 Millionen Euro zugesagt, darunter 20 Millionen Euro aus Deutschland.
Libanesische Regierung soll seit Juli von Explosionsgefahr gewusst haben
Sicherheitsexperten haben die libanesische Regierung nach Reuters-Informationen im Juli vor den verheerenden Folgen einer Explosion im Hafen von Beirut gewarnt. Dabei wurden explizit die 2750 Tonnen Ammoniumnitrat erwähnt, die vergangene Woche wohl zu der gewaltigen Explosion führten, die große Teile der Stadt zerstörte. Die Chemikalien hatten der Regierung zufolge sechs Jahre lang ungesichert im Hafen gelagert.
Die Warnung der Sicherheitsexperten sei an den mittlerweile zurückgetretenen Ministerpräsidenten Hassan Diab und Präsident Michel Aoun gegangen, sagten mit entsprechenden Berichten vertraute Personen der Nachrichtenagentur. Im jüngsten Bericht der Generaldirektion für Staatssicherheit gebe es einen Hinweis auf einen Brief an die beiden Politiker, der am 20. Juli verschickt worden sei. Der Inhalt des Briefs geht aus dem Bericht, den Reuters einsehen konnte, nicht hervor.
Ein mit den Vorgängen Vertrauter sagte aber, das Schreiben habe die Ergebnisse einer Untersuchung zum Inhalt gehabt. Darin sei der Schluss gezogen worden, dass die Chemikalien umgehend abgesichert werden müssten. "Es gab die Gefahr, dass das Material, sofern es gestohlen worden wäre, für Terroranschläge hätte genutzt werden können."
Die Büros des Ministerpräsidenten und des Präsidenten ließen Anfragen zu dem Brief unbeantwortet. Auch die Staatsanwaltschaft wollte sich nicht äußern.
Libanons Premierminister Diab tritt zurück
Die libanesische Regierung tritt nach der Explosionskatastrophe in Beirut vergangene Woche zurück. Das teilte Ministerpräsident Hassan Diab mit. Er erklärte ferner, man stehe geeint mit dem Volk im Ruf nach Gerechtigkeit für "dieses Verbrechen". Nach der verheerenden Explosion am vergangenen Dienstag waren die Forderungen nach einem Rücktritt der Regierung lauter geworden.
Vier Kabinettsmitglieder, zuletzt der Finanzminister, waren in der Folge zurückgetreten. Zuvor waren bereits am Sonntag Informationsministerin Manal Abdel Samad und Umweltminister Damianos Kattar sowie am Montag Justizministerin Marie-Claude Nadschm zurückgetreten.
Deutsche Helfer sind aus Beirut zurückgekehrt
Ein großer Teil der Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks (THW) ist am Montagvormittag aus Libanon nach Deutschland zurückgekehrt. Auch 13 Helfer der Rettungsorganisation "@fire Internationaler Katastrophenschutz Deutschland" mit Sitz im Landkreis Osnabrück sind zurückgekommen. "Es war ein herausfordernder Einsatz", sagte ein Sprecher des THW. "Die Kollegen vor Ort haben von einer völligen Zerstörung berichtet." Überlebende habe die Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland in den Trümmern keine mehr gefunden. Auch vier Rettungshunde waren in Beirut im Einsatz.
"Wer die Bilder der schweren Detonation sowie die massive Zerstörung des Hafens und Teile der Innenstadt Beiruts gesehen hat, kann nur vermuten, wie sich die Situation vor Ort für die Helfer des THW tatsächlich dargestellt hat", sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU). "Sie alle haben nicht gezögert und Verantwortung übernommen und unter widrigsten Bedingungen den Menschen in Beirut geholfen."
36 der rund 50 Helfer landeten nach Angaben des THW am Vormittag nach einem rund vier Tage langen Einsatz und wurden nach einem Corona-Schnelltest zum zentralen Treffpunkt nach Rüsselsheim gebracht. Danach gehen die Einsatzkräfte für sechs Tage in Quarantäne, nach dem fünften Tag soll ein weiterer Corona-Test folgen. Sieben Einsatzkräfte seien noch in Beirut. Ein Teil sei weiter zur Unterstützung der deutschen Botschaft vor Ort, einige Einsatzkräfte prüften die Häuser in der Stadt auf ihre Statik.