Klimaproteste:Neuer Wirbel um die "Letzte Generation"

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Klebereste einer Demonstration der "Letzten Generation" am Adenauer Platz in Berlin. (Foto: Friedrich Bungert)

Eine Beamtin der Bundespolizei berichtet über enge Kontakte zu den Aktivisten. Der Flughafen Düsseldorf fordert Schadenersatz. Und ein Gericht prüft den Verdacht auf Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Auch ohne spektakuläre Klebeaktionen macht die Gruppe "Letzte Generation" von sich reden. So gibt es Ärger um eine Arbeitsgruppe mit dem Titel "Polizeivernetzung". Der Flughafen Düsseldorf fordert Schadenersatz für eine Aktion vor einigen Wochen. Und über allem schwebt weiterhin die Frage, ob die Aktivisten nicht eine kriminelle Vereinigung gebildet haben könnten.

In den Fokus ist nun die Bundespolizistin Chiara Malz geraten. Ihre Aktivitäten bei der Letzten Generation könnten dienstrechtliche Konsequenzen haben. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wurde gegen sie ein Disziplinarverfahren eröffnet. Ihr Arbeitgeber, die Bundespolizei, wollte sich dazu nicht äußern. Ein Sprecher des Bundespolizeipräsidiums in Potsdam teilte auf Anfrage mit: "Aus Gründen des Personaldatenschutzes kann sich die Bundespolizei nicht zu laufenden Personalvorgängen äußern". Dies gelte sowohl in diesem wie auch im Fall der Bundespolizistin Claudia Pechstein.

Der Austausch finde "in beide Richtungen statt", erklärte eine Polizistin

Die Welt am Sonntag hatte berichtet, innerhalb der Letzten Generation gebe es eine Arbeitsgruppe "Polizeivernetzung". "Das Netzwerk erstreckt sich über mehrere Bundesländer und Behörden und vergrößert sich ständig", sagte Malz der Zeitung. Außer ihr seien sieben weitere Beamte im engeren Netzwerk der Klimaaktivisten tätig. "Mit 80 bis 100 weiteren Polizisten stehen wir in Kontakt", sagte Malz. Die Polizistin kümmere sich um die Vernetzung und erkläre innerhalb der Letzten Generation die Polizeiarbeit. "Der Austausch findet in beide Richtungen statt."

An mehreren Polizeihochschulen sollen der Welt am Sonntag zufolge außerdem Veranstaltungen und Seminare mit Aktivisten stattgefunden haben. Die Deutsche Hochschule der Polizei in Münster, die Hochschule für Polizei Baden-Württemberg und die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin hätten dies auf Anfrage bestätigt.

Die Eisschnellläuferin Pechstein war bei einer CDU-Veranstaltung im Juni in ihrer Polizeiuniform aufgetreten. Die Bild-Zeitung berichtete vor drei Wochen, die Bundespolizei leite ein Disziplinarverfahren gegen Pechstein ein. Geprüft werde, ob sie gegen das Beamtengesetz verstoßen habe. Eine "Erlaubnis oder Gestattung zum Tragen der Dienstkleidung" habe für den CDU-Konvent nicht vorgelegen. Pechstein habe in der Rede auch nicht deutlich gemacht, dass sie eine "rein persönliche Auffassung" wiedergebe. Pechstein hatte in der Rede bei der CDU unter anderem Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber gefordert und dies mit mehr Sicherheit im Alltag begründet. Danach wurde ihr Populismus unterstellt.

48 Flüge seien ausgefallen, beklagt der Flughafen Düsseldorf

Der Düsseldorfer Flughafen will derweil Schadenersatz von Aktivisten der Klimaschutzgruppe. Man werde entsprechende Ansprüche geltend machen, sagte ein Airport-Sprecher der dpa. Vor gut zwei Wochen hatten mehrere Aktivisten Stacheldraht über einem Zaun durchschnitten und sich auf dem Rollfeld festgeklebt. Die Folge waren Flugausfälle und -verspätungen. Eine ähnliche Aktion hatte es auch am Hamburger Flughafen gegeben.

Der Düsseldorfer Airport hatte damals angekündigt, mögliche Ansprüche auf Schadenersatz zu prüfen. Inzwischen steht fest, dass man gegen die Aktivisten vorgehen wird: "Neben der Verfolgung zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche hat der Flughafen Düsseldorf vorsorglich eine Strafanzeige sowie Strafanträge bei der zuständigen Polizei gestellt", so ein Sprecher. Die Höhe der Schäden am Flughafenzaun "und entgangene Erlöse durch die Unterbrechung des Flugbetriebs" ließen sich "noch nicht abschließend beziffern".

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In Düsseldorf waren nach früheren Angaben insgesamt 48 Flüge annulliert und zwei umgeleitet worden. Bis in den Abend waren demnach vielen der insgesamt 480 Flüge verspätet, in Einzelfällen bis zu 90 Minuten. Laut Staatsanwaltschaft wird gegen neun Beschuldigte wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs ermittelt.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen Mitglieder der Letzten Generation wegen eines Verdachtes auf Bildung einer kriminellen Vereinigung könnten im Herbst zu einem Abschluss kommen. "Wir sind bemüht, das Verfahren in den nächsten zwei, drei Monaten abzuschließen", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Neuruppin. "Das Verfahren ist ausgesprochen umfangreich." Bislang ist völlig offen, ob es eine Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung geben wird. Mit Durchsuchungen in mehreren Bundesländern waren Polizei und Staatsanwaltschaft im Dezember 2022 gegen elf Aktivisten der Letzten Generation vorgegangen.

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