Das Geld floss an eine Wohltätigkeitsfirma von Prinz Charles, es ging auf das Firmenkonto eines Jugendfreunds Wladimir Putins, außerdem an eine Firma mit Sitz in Bayern - und es stammte aus undurchsichtigen Quellen. Insgesamt flossen durch ein ausgeklügeltes Geldwäschesystem innerhalb weniger Jahre Milliarden aus Russland in den Westen, knapp 190 Millionen Euro landeten auf deutschen Konten.
Dies geht aus Bankunterlagen hervor, die dem Recherchenetzwerk Organized Crime and Corruption Reporting Projekt (OCCRP) und der litauischen Nachrichtenseite 15min.lt zugespielt wurden. Die Süddeutsche Zeitung hat die Unterlagen zusammen mit 20 weiteren Medienhäusern ausgewertet - darunter der Guardian, der Schweizer Tages-Anzeiger und das österreichische Magazin Profil. Die Ergebnisse werden unter dem Titel "Troika Laundromat" weltweit veröffentlicht. Bei den geleakten Dokumenten handelt es sich um Korrespondenz, Verträge, Rechnungen und Informationen zu mehr als 1,3 Millionen Banküberweisungen. Sie betreffen zu großen Teilen die litauischen Banken Snoras, die 2011 verstaatlicht und Ūkio bankas, die 2013 geschlossen wurde.
Die Dokumente zeigen, wie Milliarden Dollar aus Russland außer Landes gebracht wurden. Ein zweistelliger Millionenbetrag landete etwa auf einem Schweizer Firmenkonto des Cellisten Sergej Roldugin, einem der besten Freunde des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Zwei Firmen, die mit Roldugin in Verbindung stehen, schlossen innerhalb weniger Tage 16 Verträge mit anderen Firmen, die dann jeweils widerrufen wurden - gegen Entschädigungszahlungen von 11,6 Millionen Dollar Gebühr. Roldugin hatte schon bei den Enthüllungen der Panama Papers eine tragende Rolle gespielt, als die Süddeutsche Zeitung und ihre Partner aufdeckten, dass Roldugin im Zentrum eines Netzes von Briefkastenfirmen stand, das Hunderte Millionen Dollar verwaltete. Eine aktuelle Anfrage ließ Roldugin unbeantwortet.
Bereits 2014 hatten Reporter des OCCRP erstmals ein Geldwäschesystem aufgedeckt, das sie damals "Russian Laundromat" - zu deutsch "Russischer Waschsalon" - nannten. Dieser Waschsalon hatte in den Jahren 2010 bis 2014 Geld aus mindestens fragwürdigen Quellen in Höhe von etwa 20,7 Milliarden US-Dollar aus Russland in die Europäische Union geschleust. Erst vor wenigen Tagen beschlagnahmte das Bundeskriminalamt in diesem Zusammenhang Immobilien in Nürnberg, Regensburg, Mühldorf am Inn und Schwalbach am Taunus im Wert von 40 Millionen Euro und fror auf mehreren Konten weitere sieben Millionen Euro ein.
Ein nächstes, ähnliches Geldwäschesystem flog im Herbst 2017 auf. Diesmal stammte das Geld aus Aserbaidschan und floss über die estnische Filiale der dänischen Danske Bank in die EU. Und von dort aus auch nach Deutschland. Beispielsweise an eine Firma der Bundestagsabgeordneten Karin Strenz (CDU). Strenz erhielt nach der Enthüllung eine Rüge des Bundestagspräsidiums, der Europarat erteilte ihr Hausverbot.
Nun also der "Troika Laundromat". Das Projekt ist benannt nach der russischen Investmentbank Troika Dialog, die nach Recherchen des internationalen Journalistenteams offenbar maßgeblich in das Geldwäschesystem involviert war. Die Bank wurde im maßgeblichen Zeitraum von dem russisch-armenischen Geschäftsmann Ruben Vardanyan geleitet und 2011 von einer Tochtergesellschaft der Sberbank übernommen. Er wies jegliche Vorwürfe im Interview mit russischen Journalisten zurück: "Wir haben uns stets an die Regeln des Weltfinanzmarkts gehalten, die zur damaligen Zeit galten."