Nach dem Alleingang von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) im Streit um den Unkrautvernichter Glyphosat wird der Bundestag an diesem Dienstag über Konsequenzen beraten. Das Agrarministerium hatte Ende November in Brüssel dafür gestimmt, den Einsatz des umstrittenen Mittels in der EU weitere fünf Jahre zu erlauben. Ohne das deutsche Ja hätte es dafür nicht die nötige Mehrheit gegeben.
Die Grünen haben jetzt einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem sie "zur Schadensbegrenzung" nationale Schritte verlangen, um den Einsatz von Glyphosat zumindest in Deutschland "zügig zu beenden". Unter anderem verlangen sie, "sofort den Einsatz von Glyphosat für den privaten Gebrauch und auf öffentlichen Flächen zu untersagen". Außerdem sollten "größtmögliche Anwendungsbeschränkungen für landwirtschaftliche Bereiche" erlassen werden. Ziel müsse es sein, den "Einsatz sofort zu reduzieren und Glyphosat schnellstmöglich nicht mehr einzusetzen". Auch SPD und Linke haben Glyphosat-kritische Anträge angekündigt.
Durch zwei Antworten der Bundesregierung auf Nachfragen von Grünen-Abgeordneten wird jetzt noch klarer, wie es zu der Entscheidung Schmidts kam. Bekannt war, dass sich der Agrarminister über ein Veto von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hinweggesetzt hatte und - unter Hinnahme eines Verstoßes gegen die Geschäftsordnung der Bundesregierung - in Brüssel trotzdem mit Ja hat stimmen lassen.
Die Grünen wollten nun wissen, wer in der Regierung in Schmidts Entscheidung eingebunden war. Für die Regierung antwortete Agrar-Staatssekretär Peter Bleser (CDU). "In die Abstimmung über den Sprechzettel im Vorfeld der Entscheidung" seien das Umwelt-, aber auch das Wirtschaftsministerium eingebunden gewesen, schreibt Bleser. Das Umweltministerium habe "einer Zustimmung ausdrücklich widersprochen mit der Folge, dass der innerhalb der Bundesregierung abgestimmte Sprechzettel und damit die abgestimmte Weisung für den deutschen Vertreter in Brüssel eine Enthaltung vorsah". Die Weisung, trotzdem mit Ja zu stimmen, sei dann von Minister Schmidt erteilt worden.
"Schmidts Glyphosat-Egotrip"
Die Süddeutsche Zeitung hatte bereits Ende November berichtet, dass das Fachreferat für Pflanzenschutz des Agrarministeriums schon am 7. Juli vorgeschlagen hatte zu prüfen, ob man ohne das Einverständnis des Umweltministeriums "eigenverantwortlich" einer Verlängerung des Glyphosat-Einsatzes zustimmen könne.
Zu diesem Bericht schreibt Staatssekretär Bleser jetzt, das Fachreferat habe der Leitung des Ministeriums im Juli, August und Oktober schriftlich "Handlungsoptionen vorgelegt, zu denen auch die zitierte zählt". Der in Rede stehende Vorschlag sei im Sommer 2017 der Leitungsebene "vorgetragen worden". Die "abschließende Weisung der Leitung" des Agrarministeriums, mit Ja zu stimmen, sei dann am 27. November, dem Tag der Entscheidung in Brüssel, erfolgt.
Der Ablauf zeige, dass "Schmidts Glyphosat-Egotrip" keine einsame Tat gewesen sei, sondern von seinem Haus von langer Hand geplant gewesen sei, sagt der Grünen-Abgeordnete Harald Ebner. Ein Ministerium, "das monatelang den gezielten Regelverstoß vorbereitet, um die Interessen der Agrarchemie gegen alle Widerstände durchzuboxen", dürfe aber nicht länger für die Zulassung von Pestiziden zuständig sein.