Landwirtschaft:Özdemir stellt die Artenvielfalt zurück

Lesezeit: 1 min

Mohnblüten zwischen Kornblumen an einem Feldrand im sächsischen Elbland. (Foto: Gabriele Hanke/IMAGO)

Die protestierenden Bauern können einen Erfolg feiern: Sie müssen keine Flächen ungenutzt lassen, um bedrohte Arten zu schützen. Umweltschützer sind empört.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Die Bauern jubeln, die Natur hat das Nachsehen: Im Ringen um bessere Bedingungen für die Landwirte hat Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) am Donnerstag die Bewirtschaftung zusätzlicher Ackerflächen freigegeben. Damit können die deutschen Bauern noch in diesem Jahr weitere vier Prozent ihrer Flächen bewirtschaften, die eigentlich für Hecken oder Grünstreifen reserviert sein sollten. Eine ursprünglich geplante Gegenleistung, die Özdemir dafür erlangen wollte, fällt erst einmal aus.

Noch genau bis diesen Donnerstag hatte die Bundesregierung Zeit, die Aussetzung der Artenschutz-Vorgabe zu beantragen. Den Weg dafür hatte die EU-Kommission freigemacht, die wiederum damit dem Druck der Landwirte nachgegeben hatte.

FDP und Bauernverband lehnen den Kompromiss ab

Bisher ist die Zahlung europäischer Agrarsubventionen auch an ökologische Gegenleistungen geknüpft. Eine davon ist, dass Landwirte vier Prozent ihrer Flächen aus der Nutzung nehmen sollen. Sie können dort Hecken oder Bäume anpflanzen, Blüh- oder Grünstreifen anlegen. In der zunehmend intensiven europäischen Landwirtschaft sollen so zumindest noch ein paar Refugien für bedrohte Tier- und Pflanzenarten bleiben.

Vielen Landwirten ist das ein Dorn im Auge, sie würden diese Flächen lieber bewirtschaften. Dem steht nun nichts mehr im Wege - mit der Einschränkung, dass sie auf Pflanzenschutzmittel verzichten und Zwischenfrüchte anbauen müssen, ehe sie wieder anderes auf den Flächen aussäen. Sie können sich auch dazu entscheiden, dort freiwillig weiterhin auf den Anbau zu verzichten - und sich dies von Brüssel zusätzlich fördern lassen. Beides bedeutet für die Landwirte zusätzliche Einnahmen. Offenbar hatte vor allem das Kanzleramt darauf gedrängt, den Bauern entgegenzukommen - um so die Traktoren von den Straßen zu holen.

Newsletter abonnieren
:Klimafreitag-Newsletter

Einmal pro Woche - immer freitags - schreiben SZ-Autorinnen und Autoren über Klimakrise, Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Kostenlos anmelden.

Özdemir hatte ursprünglich für einen Kompromiss geworben, den aber sowohl die FDP als auch Bauernverband ablehnten. Zwar sollte die Flächenregel ausgesetzt werden. Im Gegenzug aber sollten neue freiwillige Umweltregeln eingeführt werden, für die Landwirte entlohnt würden, etwa für Weidetierhaltung.

Darüber soll es nun "sehr zeitnah" Gespräche geben - eingeführt werden die Regeln aber erst mal nicht. Özdemir räumte ein, dass er sich "das sofort als Signal gewünscht" hätte. Umweltschützer äußerten sich empört. Die Entscheidung sei "ein Schlag für den Schutz der Artenvielfalt in unseren Agrarlandschaften und für die Landwirtschaft selbst", sagte Michael Berger, Agrarexperte der Umweltstiftung WWF.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungAgrarpolitik
:Christian Lindner hat keine Ahnung vom Artensterben

Der Finanzminister hält Naturschutz im Allgemeinen und Brachflächen im Besonderen für überflüssig. Ein gefährliches Signal.

Kommentar von Tina Baier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: