Landtagswahl in Sachsen:Was Sie über die Spitzenkandidaten wissen sollten

Welcher sächsische Landespolitiker überzeugt am Wahlsonntag die meisten Wähler von sich und seiner Partei? Die Kandidaten im Kurzporträt.

Von Thomas Balbierer

Sechs Kandidaten im Fokus

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Kann CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer (rechts im Bild) nach der Landtagswahl in Sachsen im Amt bleiben? Das ist eine der spannenden Fragen vor der Abstimmung am Sonntag. Die seit 2014 regierende Koalition aus CDU und SPD wackelt. Umfragen der vergangenen Wochen sagen beiden Parteien teils große Verluste im Vergleich zur letzten Landtagswahl voraus. Die SPD könnte von 12,4 auf unter zehn Prozent fallen, die CDU - vor fünf Jahren noch bei 39,4 Prozent - kommt in Umfragen nur noch auf etwa 30 Prozent. Zweitstärkste Kraft könnte die AfD werden, die bei um die 25 Prozent liegt. Lange sah es so aus, als könnten die Rechtspopulisten der CDU den Rang als stärkste Partei ablaufen, in den Wochen vor der Wahl verbesserte sich die CDU aber etwa. Entscheidend für die Bildung einer neuen Regierung - es wird bereits über Viererbündnisse spekuliert - könnten daher vor allem die Ergebnisse der Grünen-Spitzenkandidatin Katja Meier (Bildmitte) und des Linken-Politikers Rico Gebhardt (links) werden. Aktuellen Umfragen zufolge könnten die Grünen ihre 5,7 Prozent von 2014 etwa verdoppeln, die Linken - 2014 bei 18,9 Prozent - würden demnach einige Prozentpunkte einbüßen. Spannung verspricht auch die Frage, ob die FDP mit ihrem Frontmann Holger Zastrow die Rückkehr in den Landtag schafft. Wir stellen Ihnen in kurzen Porträts die Spitzenkandidaten der sechs Parteien vor.

Michael Kretschmer, CDU

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Der 44-Jährige tritt am 1. September erstmals als amtierender Ministerpräsident an. Kretschmer rückte im Dezember 2017 an die Spitze der Landesregierung, nachdem sein CDU-Kollege Stanislaw Tillich vom Amt des Ministerpräsidenten zurückgetreten war. Grund für den Rücktritt war vor allem das schlechte Abschneiden der sächsischen CDU bei der Bundestagswahl. Bei dieser Wahl verlor auch Kretschmer sein Direktmandat - ausgerechnet gegen einen Kandidaten der AfD. Dass der Wahlverlierer wenige Monate später zum Landesvater aufsteigen würde, war damals nicht abzusehen. Als Ministerpräsident pflegt der gebürtige Görlitzer einen bürgernahen Stil. 2018 und 2019 zog er mit dem "Sachsengespräch", einem offenen Talk, durch das Land und diskutierte mit Zuschauern über politische Fragen. Bezeichnete ihn die Zeit 2015 in seiner Position als Generalsekretär der Sachsen-CDU noch als "Wutbürgers Liebling", hat sich Kretschmer inzwischen ein Image als Staatsmann erworben. In Sachsen ist er Umfragen zufolge der beliebteste Spitzenpolitiker.

Rico Gebhardt, Die Linke

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Der 56 Jahre alte Gebhardt aus dem Erzgebirge führte als Fraktionschef der Linken bislang die Opposition im sächsischen Landtag an. In seiner Bewerbungsrede für die Spitzenkandidatur der Partei im April definierte er die regierende CDU als Hauptgegner im Wahlkampf. "Dieses Land darf nicht länger der CDU gehören, es muss den Menschen zurückgegeben werden", sagte Gebhardt. Der gelernte Koch kritisiert immer wieder die Bildungspolitik der Regierung und macht sie für die Schließung von "tausend Schulen in Sachsen" verantwortlich. "Mit ihrem lebensfernen Konservatismus ist die dauerregierende CDU dafür verantwortlich, dass sich pädagogische Ideen immer öfter einen Platz jenseits des staatlichen Schulwesens suchen", erklärte er im August angesichts der Zunahme von Privatschulen in Sachsen. Gebhardt war zwischen 2009 und 2017 Vorsitzender der sächsischen Linken, seit 2004 sitzt er als Abgeordneter im Landtag. Zweitstärkste Kraft - wie noch 2014 - wird die Linke unter ihm als Spitzenkandidat aller Voraussicht nach nicht werden. Dafür ist die AfD derzeit zu stark.

Martin Dulig, SPD

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Wirtschaftsminister, stellvertretender Ministerpräsident, Landesparteivorsitzender und Ostbeauftragter und dann auch noch SPD-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl: Mit seinen Funktionen ist der 45-jährige Dulig derzeit gut ausgelastet. Es könnte jedoch passieren, dass er nach der Wahl mehr Zeit haben wird als ihm lieb ist. Denn die Sachsen-SPD ist chronisch schwach, der Partei droht das schlechteste Ergebnis seit der Wiedervereinigung, eine erneute Regierungsbeteiligung ist ungewiss - fraglich, ob sich Dulig dann noch in allen Parteiämtern halten kann. An Ehrgeiz mangelt es dem Plauener nicht. Als Dulig 2009 Chef des Landesverbands wurde, kündigte er an, die Landespartei groß zu machen. "Gebt mir zehn Jahre Zeit", sagte Dulig damals. Vor der Wahl 2014 erklärte er dann, Ministerpräsident werden zu wollen. Doch den großen Worten folgten miserable Wahlergebnisse. Vom erklärten Ziel, Volkspartei zu werden, ist die SPD in Sachsen so weit entfernt wie noch nie.

Jörg Urban, AfD

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Mit einem Rückschlag startete die AfD in den sächsischen Wahlkampf. Der Partei waren bei der Aufstellung ihrer Landesliste formale Fehler unterlaufen, sie darf am Sonntag nur mit 30 statt der 61 nominierten Kandidaten zur Abstimmung antreten. Ursprünglich wollte der Landeswahlausschuss der Partei sogar nur 18 Plätze zugestehen, wogegen die Partei von Spitzenkandidat Urban jedoch Beschwerde einlegte. Der 55-jährige Diplomingenieur aus Meißen ist Fraktions- und Parteivorsitzender der AfD in Sachsen. In beiden Positionen folgte auf die 2017 aus der Partei ausgetretene Frauke Petry. Politisch steht Urban dem rechten "Flügel" des AfD-Rechtsaußen Björn Höcke nahe. Urban fordert einen Ausbau der Abschiebehaft, stärkeren Grenzschutz, schnellere Abschiebungen und die Umstellung von Geldzahlungen auf Sachleistungen für Asylbewerber. Außerdem lehnt er "sozialistische Gemeinschaftsschulen" ab, wie es im Programm der AfD heißt.

Katja Meier, Bündnis 90/Die Grünen

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Die Politikwissenschaftlerin aus Dresden setzt sich vor allem für Gleichstellung von Mann und Frau und eine klimafreundlichere Mobilität ein. Seit 2015 sitzt die 39-Jährige im Landtag. In ihrer Vita schreibt Meier, dass sie schon in ihrer Jugend in Zwickau mit "Mut- und Haltungsfragen" konfrontiert gewesen sei - dort sei man entweder "bunt" oder "braun" gewesen. Meier entschied sich dazu, bunt zu sein und lief mit grün gefärbten Haaren durch die Stadt - "oft mit der Angst im Nacken", dass ihr Nazis auflauerten, wie sie auf ihrer Homepage schreibt. In der Verkehrspolitik arbeitet die grüne Abgeordnete an einer Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs sowie für Verbesserungen für Fußgänger und Radfahrer. Den Autoverkehr will sie aus Klimaschutzgründen reduzieren.

Holger Zastrow, FDP

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Zastrow, seit 1999 Chef des sächsischen FDP-Landesverbandes, könnte nach der Wahl ein Comeback als Landtagsabgeordneter feiern. Die Liberalen scheiterten 2014 deutlich an der 5-Prozent-Hürde, könnten nun aber den Sprung ins Parlament knapp schaffen. Der Inhaber einer Werbeagentur, kennt sich mit politischen Comebacks gut aus. 2004 führte er die FDP nach zehnjähriger Unterbrechung mit 5,9 Prozent zurück in den sächsischen Landtag. 2009 kam die Partei als Koalitionspartner der CDU sogar in die Regierung. Zastrow wechselte nicht ins Kabinett, blieb lieber Fraktionsvorsitzender und Parteichef. Sollte der Wiedereinzug in den Landtag gelingen und die FDP sogar als Regierungspartner benötigt werden, würde der 50-Jährige diesmal auch ein Ministeramt annehmen. In welcher Konstellation das der Fall sein könnte, ist jedoch völlig offen. Der Liberale selbst hat sich im Falle einer schwierigen Koalitionsbildung wiederholt für eine Minderheitsregierung ausgesprochen.

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