Kristina Schröder:Frau Ministerin macht Männern Mut

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Mit den Frauenrechtlerinnen hat Kristina Schröder Ärger. Auch weil sie sich um die Gleichberechtigung der Männer sorgt. Bei ihrer ersten Konferenz zum Thema pocht die Familienministerin auf mehr männliche Kita-Mitarbeiter. Und räumt Ängste der Frauen aus, sie könnten darunter leiden.

Jannis Brühl, Berlin

Keine Quote, sondern "Freiheit zur Individualität": Familienministerin Kristina Schröder wirbt für Männer in Frauenberufen. (Foto: dpa)

Es klingt wie ein Scherz: Die "bisher größte internationale Konferenz zum Thema Männerpolitik" eröffnet Familienministerin Kristina Schröder ausgerechnet im "Saal Femina" eines Berliner Hotels. Dabei ist ihr die Männerkonferenz eine ernste Angelegenheit. Männerpolitik als Ergänzung zur Frauenpolitik steht seit Amtsantritt weit oben auf der Agenda der Ministerin. Ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen hatte noch erklärt, Männerpolitik falle nicht in ihre Ressortkompetenz.

Das Thema ist kontrovers: Einerseits spotten Gegner, Männerpolitik wolle Jungen zu Mädchen umerziehen, in Männerblogs kursieren Vorurteile über übertriebenes "Gender Mainstreaming" und über Jungs, die gezwungen werden, mit Puppen zu spielen. Andererseits kritisieren Feministinnen, Männer brauchten keine staatlich geförderte Emanzipation. Die Benachteiligung von Frauen sei ein viel zu großer Missstand.

Vor einigen hundert Pädagogen, Regierungsmitarbeitern, Frauen- und, ja: Männerrechtlern geben Teilnehmer aus Österreich, Norwegen und Luxemburg in Berlin einen Überblick darüber, was Männerpolitik umfassen kann: den Kampf gegen Gewalt, die Männer Frauen antun, aber auch Hilfe für Männer, die selbst Opfer von Gewalt werden. In Norwegen gibt es spezielle Anlaufstellen für solche Männer, berichtet Are Saastad von der norwegischen Organisation Reform.

Männer in Frauenberufe locken

Er sagt auch, in seiner Heimat liege der Anteil männlicher Kindergärtner bei zehn Prozent - da dürfte Kristina Schröder neidisch werden. Die Ministerin versucht in ihrer Rede, schon mit einem Anstieg des Anteils männlicher Erzieher von 2,4 auf 2,9 Prozent zu protzen. Dass der Erfolg nicht größer ist, liegt ihr zufolge daran, dass Männer nur in der Rolle des klassischen Ernährers gesehen werden. Immerhin gebe es mittlerweile ein "Bewusstsein, dass auch Männer in Rollenklischees gefangen sind". Sie hat ein Referat für Männer in ihrem Ministerium eingeführt, den bundesweiten "Boys' Day" eingeführt, an dem Jungen in Frauenberufe reinschnuppern sollen, und sie hat die Aktion "Mehr Männer in Kitas" gestartet.

Schröders Männerpolitik konzentriert sich vor allem darauf, Männer in Frauenberufe zu locken. So will sie nicht nur den Fachkräftemangel im Pflege- und Erziehungssektor bekämpfen, sondern auch neue Rollenbilder aufzeigen. Deshalb liegen bei der Konferenz Kinderbücher aus wie Mein Onkel Malte, der ist Erzieher oder der Film Social Fighters über Männer in der Sozialarbeit.

Schröder setzt auf Freiwilligkeit. Keine Quoten, keine zwingenden Vorgaben aus der Politik. "Freiheit zur Individualität" und Chancengleichheit statt linker "Ergebnisgleichheit" und "Umverteilungsdenken". Damit steht sie in ihrer eigenen Regierung bisweilen etwas einsam da - Arbeitsministerin von der Leyen befürwortet die Quote und auch viele weibliche Unionsabgeordnete sprechen sich dafür aus. Aber auch bei ihrer eigenen Veranstaltung bekommt Schröder Widerspruch.

Der österreichische Sozialminister Rudolf Hundstorfer, der die Konferenz gemeinsam mit Schröder veranstaltet, antwortet ihr mit einem Plädoyer für Quotenregelungen. Die seien "ein Anstoß für Veränderungen", sagt Hundstorfer und erntet Applaus, vor allem von den Frauen im Raum Femina.

Bisweilen driftet die Diskussion um Männerpolitik in einen Geschlechterkampf ab. Seit Schröder begann, sich um die gezielte Förderung von Jungen zu kümmern, wurde sie von feministischer Seite angegriffen. Schröders These, der hohe Anteil von Frauen im Erziehungssystem schade Jungen, nervte Alice Schwarzer. Die Emma-Herausgeberin fand diese Unterstellung "unmoralisch". Das hindert Schröder allerdings nicht daran, bei der Berliner Konferenz zu sagen: Ausbildungsstrukturen von Erziehern seien "zu stark auf Frauen ausgerichtet".

Schröder warnt, viele Feministinnen hielten Geschlechterpolitik für ein "Nullsummenspiel", in dem Männer nur auf Kosten von Frauen Hilfe erhalten könnten - und umgekehrt. Um diese Position zu diskreditieren, zitiert sie einen berüchtigten Satz aus der Emma: "Wenn wir wirklich wollen, dass es unsere Töchter mal leichter haben, müssen wir es unseren Söhnen schwerer machen." Auf dem Podium findet sich später aber keine Frau, die diese These vertritt. Womöglich hat sie Schröder nicht eingeladen.

Unbehelligt Latte Macchiato trinken

Stattdessen kommt Marlies Brouwers zu Wort, Vorsitzende des Deutschen Frauenrates und eine der profiliertesten Frauenrechtlerinnen im Land. Sie sagt, vor finanzieller Benachteiligung durch die Männerförderung habe sie keine Angst: "Dieser Reflex war zuerst da, dass wir uns gegenseitig Geld wegnehmen. Aber das wurde vom Ministerium schnell ausgeräumt."

Ausräumen ist ein gutes Wort für das, was Schröder in Berlin tut. Die Ministerin widerspricht dem Vorwurf, sie wolle die Rollenbilder von Jungen und Mädchen auflösen: "Mir ist wichtig, dass schon Kinder mit dem Gedanken aufwachsen, dass es unterschiedliche Arten des Mannseins gibt." Auch wolle sie traditionelle Rollenbilder nicht beseitigen: Frauen, die keine Karriere machen wollten, sollten nur nicht als "Heimchen am Herd" oder "Latte-Macchiato-Mütter" beschimpft werden.

Wie sich europäische Geschlechterrollen weiterentwickeln, soll 2014 in Wien überprüft werden, wenn der österreichische Minister Hundstorfer zum Gegenbesuch lädt. Spannend ist dann auch, wie sich Schröders eigene Rolle bis dahin verändert hat. Sprich: ob sie dann noch Ministerin für Frauen und Männer ist.

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