Gesundheitspolitik:EU-Kommission sagt Krebs den Kampf an

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat auch sehr persönliche Gründe für den Kampf gegen den Krebs. (Foto: REUTERS)
  • Die EU-Kommission möchte einen Masterplan für den Kampf gegen den Krebs entwickeln.
  • Konkrete Maßnahmen müssen noch ausgearbeitet werden. Aber EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen lässt bereits Schwerpunkte erkennen.
  • Die Vorsorge soll gestärkt werden. Technologien sollen verstärkt zum Einsatz kommen, Daten ausgetauscht werden. Und in allen EU-Staaten sollen Erkrankte gleich gut behandelt werden.

Von Karoline Meta Beisel, Brüssel

Debatten im Europaparlament sind oft so schlecht besucht, dass es sogar den Abgeordneten selbst unangenehm ist. Dabei ist es offenbar mit dem richtigen Thema ganz leicht, die Stühle im Plenarsaal bis in die hinterste Reihe zu füllen.

"Über Krebs zu sprechen, ist für mich und auch für viele von ihnen eine ganz persönliche Angelegenheit", sagte Ursula von der Leyen am Dienstagnachmittag in einer Rede im EU-Parlament. "Wir können nicht jeden Kampf gewinnen. Aber gemeinsam können wir etwas verändern", sagte die Präsidentin der EU-Kommission, und eröffnete damit ein Konsultationsverfahren, an dessen Ende ein Europäischer Plan stehen soll, um Krebs wirksamer zu bekämpfen.

Von der Leyen bekam nach ihrem Auftritt nicht nur heftigen Applaus, sondern sogar Standing Ovations - auch das ist im Europaparlament eher selten. Andererseits gibt es wohl auch nicht allzu viele Themen, hinter dem sich die Menschen so einmütig versammeln können.

Weltkrebstag
:WHO warnt vor Verdopplung der Krebsfälle

Bis 2040 wird sich die Zahl der Krebserkrankungen weltweit wohl verdoppeln. Fast jeder zweite Fall ließe sich durch eine andere Lebensweise verhindern.

Das Datum der Rede hatte Symbolcharakter: Der 4. Februar ist Weltkrebstag. Der Masterplan der EU-Kommission dagegen soll mehr sein als nur Symbolpolitik; von der Leyen hatte bereits in ihrer Antrittsrede im vergangenen Sommer klar gemacht, dass sie das Thema zu einer persönlichen Priorität machen möchte. Nicht nur, aber wohl auch deswegen, weil sie selbst als Jugendliche ihre elfjährige Schwester an die Krankheit verlor. "Der Tod meiner kleinen Schwester hat mein Leben verändert", sagte von der Leyen vor dem Europaparlament. "Ich glaube, ihr Tod ist auch der Grund dafür, dass ich Medizin studierte und Ärztin wurde."

Auch die zuständige EU-Kommissarin Stella Kyriakides hat als Brustkrebspatientin eigene Erfahrungen mit der Krankheit. "Aber heute soll es nicht nur darum gehen, persönliche Erfahrungen auszutauschen, sondern auch darum, das Persönliche politisch zu machen", sagte die zypriotische Gesundheitskommissarin im Anschluss. "Die persönlichen Erfahrungen können ein Motor sein, um politisch etwas zu bewirken."

Welche Maßnahmen genau der Masterplan gegen den Krebs enthalten muss, diese Frage soll in den kommenden Wochen das Konsultationsverfahren beantworten. Von der Leyen ließ in ihrer Rede jedoch bereits drei Schwerpunkte ihrer künftigen Politik erkennen: Zum einen will die EU-Kommission sich dafür einsetzen, dass Krebs gar nicht erst entstehen kann.

"Die Wissenschaft sagt uns, dass 40 Prozent der Fälle vermeidbar sind, aber nur drei Prozent der Gesundheitsausgaben fließen in die Vorsorge", sagte von der Leyen. Hier hofft die EU-Behörde auf Informationen aus der Praxis: "Sollten wir konkrete Ziele festlegen, wie viel Geld in die Prävention gesteckt werden soll? Wie können wir unseren Lebensstil so verändern, dass er gesünder ist? Wie den Sport fördern?" nannte von der Leyen als Beispiele.

"Es sollte keine Rolle spielen, wo jemand lebt"

Zweitens soll moderne Technologie verstärkt zum Einsatz kommen, etwa künstliche Intelligenz bei der Früherkennung. Europaweit sollen Daten über die Krankheit besser geteilt werden. Dafür wolle die Kommission einen "gemeinsamen Raum für Gesundheitsdaten" schaffen, wie die Kommissionspräsidentin ankündigte.

Außerdem soll Geld speziell für die Krebsforschung zur Verfügung gestellt werden. Eine Forderung, die im Europaparlament Unterstützung findet: "Wir haben es geschafft, dass die Bekämpfung von Krebs zu einem der zentralen Anliegen der europäischen Forschungspolitik gemacht wird", sagt etwa der gesundheitspolitische Sprecher der Christdemokraten, Peter Liese (CDU): "Jetzt brauchen wir eine angemessene Ausstattung des Forschungsrahmenprogramms Horizon Europe."

Und schließlich will von der Leyen Ungleichheiten beim Zugang zur Krebsbehandlung bekämpfen, und Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten abbauen: "Das Risiko für eine Patientin mit Gebärmutterhalskrebs, an der Krankheit zu sterben, ist in Rumänien 16 mal so hoch wie in Italien", sagte von der Leyen. "Das ist nicht richtig. Es sollte keine Rolle spielen, wo jemand lebt, oder wo jemand geboren wurde."

Im kommenden Monat will die Kommission Vorschläge von Forschern, Ärzten und Bürgern sammeln, auf deren Basis dann ein konkreterer Plan erarbeitet werden soll.

© SZ vom 05.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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