Gesundheitspolitik:Lauterbach will weniger Übernachtungen in Kliniken

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Wenn medizinisch nichts dagegen spricht, sollen Patientinnen und Patienten künftig die Nacht auch zu Hause verbringen können - und nicht im Krankenhausbett. (Foto: Mikel Allica/imago images)

Mit einem neuen Vergütungssystem will der Gesundheitsminister erreichen, dass Patienten öfters ambulant behandelt werden oder nachts nach Hause gehen. Auch will er nun - nach heftiger Kritik - Hebammen besser bezahlen.

Von Kassian Stroh

Weniger Übernachtungen im Krankenhaus, mehr ambulante Operationen: Mit einem neuen Vergütungssystem will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stationäre Aufenthalte im Krankenhaus unattraktiver machen und damit Geld sparen. "Wir wollen Patientinnen und Patienten die Klinikaufenthalte ersparen und gleichzeitig das Personal dort entlasten", sagte Lauterbach der Rheinischen Post. "Dafür stellen wir das System so um, dass sich eine unnötige Krankenhaus-Aufnahme bei einfachen Eingriffen künftig nicht mehr lohnt."

Lauterbachs Klage schon seit Längerem: "Der Anteil vollstationärer Behandlungen ist bei uns im internationalen Vergleich immer noch viel zu hoch." Daher will er, dass künftig viele Behandlungen, zu denen man bisher in einer Klinik blieb, ambulant erfolgen. "Und auch für stationäre Patienten ist die Übernachtung nicht nötig, wenn der Patient das wünscht und medizinisch nichts dagegen spricht", sagte der Minister. Patienten sollen künftig also die Wahl haben, ob sie für die Nacht lieber nach Hause gehen oder in der Klinik bleiben - und entscheiden darüber zusammen mit dem Arzt. "Die Übernachtung im Krankenhaus ist nicht zwangsläufig Teil guter Medizin", sagt der Mediziner Lauterbach.

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Im Oktober hatte er darüber bereits mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern debattiert. In Deutschland gebe es 50 Prozent mehr stationäre Aufnahmen als in den umliegenden Ländern, ohne dass dies die Qualität der Versorgung verbessere, sagte er seinerzeit. "Das ist eine große Reserve."

Nach Kritik rudert Lauterbach bei der Hebammen-Bezahlung zurück

Für Behandlungen bekommen die Kliniken von den Krankenkassen sogenannte Fallpauschalen - also fixe Zahlungen pro Patient, abhängig von der Diagnose. Kritiker monieren seit Langem, dass dieses System für Krankenhäuser ein Anreiz ist, die Zahl gewinnbringender Operationen zu steigern und eher defizitäre Abteilungen wie die Kinder- und Jugendmedizin oder die Geburtshilfe abzubauen. In diesen Bereichen will Lauterbach mit seiner Reform des Vergütungssystems gegensteuern: "Geburtshilfe und Kinderheilkunde dürfen nicht dem Spardiktat des alten Krankenhaussystems unterworfen sein." Sie sollen in einem ersten Schritt Zuschläge zu den Fallpauschalen bekommen.

Dabei schwenkt Lauterbach auch in einem Punkt um, der zuletzt viel Kritik nach sich gezogen hatte: Hebammen sollen im sogenannten Pflegebudget bleiben. "Und wir werden die Hebammen aus dem Fallpauschalensystem nehmen, ihre Leistungen gesondert bezahlen", sagte er der Rheinischen Post - das hatte die SPD auch im Bundestagswahlkampf 2021 gefordert. "Der wirtschaftliche Druck verträgt sich nicht mit dem Berufsbild. Auf dem Rücken der Hebammen sollen Krankenhäuser künftig nicht mehr sparen können", sagte Lauterbach. Seine ursprünglichen Pläne waren auf heftige Gegenwehr gestoßen. Der Deutsche Hebammenverband sprach davon, dass sie "katastrophale Auswirkungen auf die klinische Geburtshilfe" hätten. Darauf ist Lauterbach nun eingegangen.

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