Große Koalition:Union und SPD ringen um Konjunkturpaket

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Mindestlohn erhöhen oder senken? Union und SPD sind sich nicht einig, was besser für die Konjunktur wäre. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Streit gibt es um Hilfen für Kommunen, Mindestlohn und Unternehmenssteuern. Bei der Autokaufprämie nähern sich die Parteien an.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Union und SPD ringen vor dem für Dienstag angesetzten Koalitionsausschuss heftig um das geplante, bis zu 80 Milliarden Euro schwere deutsche Konjunkturpaket. Die Spitzen der Koalition wollen sich auf Maßnahmen einigen, wie die deutsche Wirtschaft angekurbelt und die Binnennachfrage gestärkt werden kann. Beide Regierungspartner haben inzwischen Vorschlagslisten ausgearbeitet, die sich weitgehend an den Zielen orientieren, die in den jeweiligen Parteiprogrammen stehen. Unter SPD und Union besonders umstritten sind Hilfen für Kommunen. Auch beim Mindestlohn und Unternehmensteuern liegen die Regierungsparteien weit auseinander. Dagegen zeichnet sich eine Annäherung bei der Kaufprämie für Autos ab.

Bei der geplanten Entlastung der Kommunen steuert die Koalition auf einen handfesten Krach zu. Zwar sind sich SPD sowie CDU/CSU darüber einig, dass Kommunen unterstützt werden sollen, weil Städte und Gemeinden das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben aufrechterhalten. Doch während Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) einen kommunalen Rettungsschirm aufspannen will, plädiert die Union für ein drei-Säulen-Modell.

Danach soll der Bund künftig "Dreiviertel der Kosten der Unterkunft" für Hartz-IV-Empfänger übernehmen, heißt es in dem Konzept Kommunalfinanzen der Unionsfraktion, das der SZ vorliegt. Bisher zahlt der Bund die Hälfte der Wohnungskosten. Durch die Übernahme dieser Kosten würden Kommunen jährlich um bis zu vier Milliarden Euro dauerhaft entlastet, heißt es weiter. Nötig sei allerdings eine Grundgesetzänderung.

Zudem regt die Unionsfraktion an, dass Bund und Länder auf die Umlage der Gewerbesteuer für 2020 und 2021 verzichten, damit das Geld bei den Kommunen verbleibt. Der Bund würde in diesem Jahr auf 1,5 Milliarden Euro und im nächsten Jahr auf 1,8 Milliarden Euro verzichten. Drittens schlägt die Union ein kommunales Investitionsprogramm vor, dessen Kosten zu 90 Prozent vom Bund getragen werden; der Rest von den Ländern. Auch bei der Städtebauförderung sollen die Anteile des Bundes und der Länder erhöht werden.

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Die SPD will den Mindestlohn anheben, die Union plädiert für eine Senkung

Die Finanzexperten der SPD stehen dagegen hinter dem Vorschlag von Scholz, die 2000 besonders verschuldeten Kommunen von ihren Altschulden zu entlasten sowie die durch das Coronavirus und den Lockdown entstandenen Ausfälle an Gewerbesteuer in diesem Jahr zu ersetzen. Der von Scholz vorgeschlagene kommunale Rettungsschirm sei "ein wichtiges Element zur Stabilisierung und Förderung der deutschen Wirtschaft", schreibt die AG Finanzen in einem Positionspapier für den Koalitionsausschuss. Das Paket umfasst 57 Milliarden Euro, die von Bund und Ländern getragen werden sollen. Die Unionsfraktion ist strikt gegen die Altschuldenübernahme. Sie würde dem Bund 22,6 Milliarden Euro "neue Schulden bescheren, andererseits aber nur die Minderheit der von Altschulden belasteten Kommunen lediglich von den Zinsleistungen befreien". Alte Schulden seien "keine neue Herausforderung aufgrund der Corona-Pandemie - und dazu sollte das auch nicht umlackiert werden".

Strittig ist auch, wie die Kaufkraft gestärkt und Unternehmen gestützt werden könnten. Die Finanzpolitiker der SPD wollen den Mindestlohn anheben, ihre Kollegen von der Union hatten für eine Senkung plädiert.

Wenig umstritten sind Maßnahmen für Familien. SPD und Union sind sich einig, dass es einen Bonus geben soll. Im Gespräch ist, dass Eltern mit Kindern einen Familienbonus von 300 Euro erhalten. Entlastungen soll es auch beim Strompreis geben.

Die SPD-Finanzexperten schlagen zudem vor, den Umsatzsteuersatz befristet abzusenken, um den privaten Konsum anzukurbeln. Zur Finanzierung aller Maßnahmen sollen Vermögende und Gutverdiener beitragen. Die SPD-Politiker schlagen eine Vermögensabgabe vor. Der Soli-Zuschlag soll für hohe Einkommen in den Einkommensteuertarif integriert werden. Das lehnt die Union ab.

Annäherung beim Streitthema Autokaufprämie

Die Steuern für Unternehmen will die SPD, anders als die Union, nicht generell senken. "Davon würde kein gezielter Impuls zur Konjunkturstärkung ausgehen", heißt es im Positionspapier der AG Finanzen. Stattdessen plädieren die Finanzexperten für eine befristet degressive Abschreibung von Investitionen und bessere Verrechnungsmöglichkeiten.

Bei der Kaufprämie nähern sich offenbar die Regierungspartner an. "Eine Kaufprämie für Autos ohne Bindung an eine effektive Schadstoffreduzierung ist nicht zu verantworten", heißt es. Das lässt Spielraum offen für Verhandlungen. In der Unionsfraktion ist man zwar auch mehrheitlich gegen eine allgemeine Kaufprämie für Autos. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat jedoch dafür geworben, eine solche Prämie in ein umfassendes grünes Mobilitätskonzept einzubinden.

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