Konflikte:Massive Luftangriffe gegen Aleppo

Lesezeit: 3 min

Kurzes Gespräch ohne konkrete Ergebnisse oder Vorschläge: US-Außenminister John Kerry (l) und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow in New York. (Foto: Jason Szenes)

New York/Aleppo (dpa) - Massive Luftschläge der syrischen Armee und seiner Verbündeten erschüttern die Rebellengebiete in Aleppo den dritten Tag in Folge. Raketen seien am Samstag auf mindestens 13 Bezirke im heftig umkämpften Ostteil der Stadt niedergegangen.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

New York/Aleppo (dpa) - Massive Luftschläge der syrischen Armee und seiner Verbündeten erschüttern die Rebellengebiete in Aleppo den dritten Tag in Folge. Raketen seien am Samstag auf mindestens 13 Bezirke im heftig umkämpften Ostteil der Stadt niedergegangen.

Das teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Ein Aktivist berichtete von mindestens elf Toten. Artilleriefeuer und international geächtete Fassbomben würden die Rettungsmaßnahmen für die unter den Trümmern verschütteten Menschen erschweren. Im Umland Aleppos rückten Regimetruppen nach Gefechten gegen Aufständische vor.

Die Lage der Menschen wird immer verzweifelter. Bereits am Donnerstag und Freitag hatten Hunderte schwere Luftangriffe mehr als 100 Menschen in Aleppo getötet. Das UN-Kinderhilfswerk Unicef erklärte, in Aleppo seien fast zwei Millionen Menschen ohne fließendes Wasser. Es sei entscheidend für das Überleben der Kinder, dass alle Konfliktparteien ihre Angriffe auf die Wasserversorgung einstellten, schrieb Unicef.

Ein Aktivist in Aleppo beschrieb die Situation als verheerend. Die ganze Stadt bebe als Folge der Einschläge. Die Armee des syrischen Regimes habe Brandbomben und die international geächtete Streumunition eingesetzt.

Anwohner und ein Sprecher der Weißhelme sagten der Deutschen Presse-Agentur, alle Wege aus dem belagerten Ostteil der Stadt seien versperrt. Die Menschen könnten nicht fliehen, sie müssten in ihren Wohnungen ausharren. In den Rebellengebieten Aleppos sollen sich noch mehr als 250 000 Menschen aufhalten.

Die schweren Luftangriffe auf die umkämpfte Stadt und ein ergebnisloser Dialog zwischen den USA und Russland verringerten überdies die Chancen auf eine Waffenruhe in Syrien. Mit mehr als 70 Bombardements bereiteten die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad am Freitag eine Bodenoffensive auf Rebellengebiete im Ostteil der Stadt vor, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Ein kurzes Gespräch zwischen US-Außenminister John Kerry und seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow in New York blieb unterdessen ohne konkrete Ergebnisse oder Vorschläge. Der von Kerry geforderte Vorschlag eines vorübergehenden Flugstopps schien am Freitag vorerst vom Tisch.

Es habe eine „konstruktive Diskussion“ gegeben, sagte zwar ein ranghoher US-Regierungsbeamter der Deutschen Presse-Agentur nach dem Gespräch am Rande eines Treffens des Nahost-Quartetts. „Es war aber kein formelles Treffen und wir haben keine Vorschläge herausgelesen.“ Lawrow sagte in seiner Rede bei der UN-Generaldebatte: Es ist höchste Zeit, dass wir unsere Lektionen lernen und ein Abrutschen zur Katastrophe in Syrien verhindern. Die USA forderte er auf, die Terrorgruppe Fatah-al-Scham-Front (früher: Al-Nusra) von gemäßigten Rebellen zu trennen, andernfalls sei eine Waffenruhe sinnlos.

Die syrische Regierung erklärte unterdessen nach Darstellung des russischen Außenministeriums, sie sei zur Einhaltung der Waffenruhe in dem Land bereit. Der syrische Außenminister Walid al-Muallem habe dies Lawrow in New York am Freitag am Rande der UN-Generaldebatte erklärt, zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass das Außenministerium in Moskau. Demnach akzeptiere die Führung in Damaskus die russische-amerikanische Übereinkunft über die Waffenruhe und sei bereit, diese zu beachten.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier appellierte an Russland, seinen Einfluss auf Assad geltend zu machen. „Assads Luftwaffe muss ihre Angriffe stoppen. Dafür sehe ich auch Moskau in der Verantwortung“, sagte Steinmeier in einer Rede vor der UN-Vollversammlung. „Gelingt uns das nicht, werden alle Bemühungen um eine politische Lösung im Bombenhagel untergehen.“

Zuvor waren neue internationale Bemühungen ohne Erfolg geblieben, die zwischen den USA und Russland ausgehandelte Waffenruhe wieder in Kraft zu setzen. „Heute könnte die Lage nicht ernster sein!“, sagte Steinmeier. Während die Welt um eine Feuerpause ringe, bombe Assad Aleppo weiter zu Trümmern. „Das zeigt einmal mehr: Das Assad-Regime kann und darf die Zukunft Syriens nicht bestimmen.“ Russland gilt zusammen mit dem Iran als wichtigste Schutzmacht Assads.

Lawrow warf den USA vor, radikale Kräfte nicht von den gemäßigten syrischen Rebellen trennen zu wollen. Zudem forderte er erneut eine „unparteiische und unvoreingenommene“ Untersuchung des Angriffs auf einen UN-Hilfskonvoi mit mindestens 21 Toten. Auch ein US-Luftangriff einige Tage zuvor, bei dem Dutzende syrische Soldaten getötet worden waren, müsse auf diese Art und Weise untersucht werden. Die USA machen Russland für den Angriff auf den Hilfskonvoi verantwortlich, Russland hatte das zunächst zurückgewiesen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: