Es kommt nicht häufig vor, dass Russlands Präsident Wladimir Putin sich über die Freilassung eines Menschen freut, der von den Behörden eines anderen Landes des versuchten Separatismus, Verfassungsbruchs und der gewaltsamen Besetzung von Regierungsgebäuden beschuldigt wird. Geht es freilich um die Ukraine, macht er eine Ausnahme. Und so freute sich Putin vor wenigen Tagen ausdrücklich, dass die Kiewer Übergangsregierung den Separatistenführer Pawel Gubarew freigelassen hatte - "Volksgouverneur" in der von den Rebellen dominierten Region Donezk und eine Schlüsselfigur bei den Versuchen des Kreml, die Kontrolle über den Osten der Ukraine zu erlangen.
Gubarew, 31 Jahre alt, ehemaliger Geschichtsstudent und Besitzer einer Werbeagentur, war in seiner Heimat noch vor ein paar Monaten völlig unbekannt, als er im Februar mit der Kampagne für einen Anschluss der Ostukraine an Russland begann. Bestens bekannt war der 31 Jahre Gubarew dagegen bei der vom Kreml je nach Lage mal tolerierten, mal genutzten rechtsradikalen Gruppe Russische Nationale Einheit (RNE). Gubarew war schon 2002 RNE-Mitglied, wie Fotos und Videos belegen, die Nikolaj Mitrochin von der Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen zusammentrug. Einem vom ukrainischen Geheimdienst SBU abgehörten Telefonat zufolge soll RNE-Chef Alexander Berkaschow einer weiteren Führungsfigur der Volksrepublik Donezk, Dmitrij Boizow, geraten haben, wie das Referendum der Separatisten aussehen müsse.
"Volksgouverneur" mit rechtsradikaler Neigung
Anfang März schien die Rolle Gubarews schon ausgespielt: Da verhaftete ihn der SBU und brachte ihn in ein Kiewer Gefängnis. Sowohl die Rebellen als auch Moskau forderten seine Freilassung. Dieses Ziel erreichten die Separatisten, nachdem sie ihrerseits drei SBU-Offiziere festnahmen und sie Ende vergangener Woche gegen Gubarew und andere gefangene Rebellen austauschten.
Jetzt ist Gubarew in der Separatistenhochburg Slawjansk und wird vom Kreml für höhere Aufgaben vorgesehen: Die Regierungszeitung Rossiskaja Gaseta feierte Gubarew am Montag als Helden der Volksrepublik Donezk und "mutigen Revolutionär" wider die Kiewer "Banditen". Der Volksgouverneur mit den rechtsradikalen Neigungen ist eine der von Moskau gestützten Führungsfiguren der vermeintlich gegen "Kiewer Faschisten" streitenden Separatisten.
Der Darstellung der Rebellen zufolge waren ihre Referenden erfolgreich: Doch vor allem die Wahlbeteiligung erscheint massiv manipuliert, wie Donezker Infodienste schon am Wahltag vorrechneten.
Keine eigenständigen Entscheidungen
Gleichwohl begrüßte der Kreml das Ergebnis als "Willen des Volkes der Regionen Donezk und Lugansk", es solle ohne Gewalt und im Dialog umgesetzt werden. Sollte es zu diesem Dialog in Form eines runden Tisches kommen, dürften die Separatisten und der Kreml darauf beharren, dass mit Pawel Gubarew und anderen Männer über die Zukunft der Ostukraine mitberaten, die aus dem politischen Nichts auftauchten, die nie gewählt wurden, teils auf Sanktionslisten von EU und USA stehen und offenbar nur Platzhalter des Kreml sind.
Das gilt auch für Wjatscheslaw Ponomarjow, selbsternannter Bürgermeister im von den Rebellen beherrschten Slawjansk. Ponomarjow will bis zum Ende der Sowjetunion in Spezialeinheiten gedient haben, später fuhr er russische Autos von Fabriken in Russland zum Weiterverkauf in die Ukraine, leitete eine Textil- und schließlich eine Seifenfabrik in Slawjansk.
Dass auch er nicht eigenständig entscheidet, zeigte der Verlauf der Verhandlungen um die Freilassung der gefangenen OSZE-Militärbeobachter. Über die Freilassung entschied nicht Ponomarjow, sondern Geheimdienstoberst Igor Strelkow-Girkin auf Befehl aus Moskau, wie abgehörte Telefonate zwischen Girkin und dem Kremlgesandten Wladimir Lukin belegen.