Kassel:Verkehrswende ohne Corona-Pause: Radaktivisten machen weiter

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Radfahrer warten an der Konstabler Wache in Frankfurt an einer Ampel. (Foto: Arne Dedert/dpa/Archivbild)

Angesichts der Corona-Beschränkungen haben Aktivisten den geplanten Radentscheid auf Landesebene aufgeschoben. "Wir bereiten das nach wie vor vor, müssen aber...

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Frankfurt/Darmstadt/Kassel/Offenbach (dpa/lhe) - Angesichts der Corona-Beschränkungen haben Aktivisten den geplanten Radentscheid auf Landesebene aufgeschoben. „Wir bereiten das nach wie vor vor, müssen aber erst den Corona-Wahnsinn abwarten“, sagte Heiko Nickel, Sprecher des Radentscheids Frankfurt. Sie wollen mit den Mitteln des Volksbegehrens und -entscheids ein Gesetz auf den Weg bringen, das die Verkehrswende in Hessen beschleunigt.

Es habe keinen Sinn gemacht, im Corona-Sommer Unterschriften für das Vorhaben zu sammeln, wenn gleichzeitig Kontaktbeschränkungen gelten, erklärte auch David Grünewald, Sprecher des Radentscheids Darmstadt. Untätig sind die Aktivisten nach eigenen Angaben aber nicht.

In Darmstadt versuchen sie, das Beste aus der Corona-Situation zu machen. Man habe sich dort mit der Stadt auf Verkehrsversuche geeinigt. „Das bedeutet, dass Verkehrsregelungen testweise geändert werden, um zu erforschen, ob sie sich bewähren“, sagte Grünewald. So sei auf der Heidelberger Straße eine Fahrspur für Autos zeitweise in einen Radweg umgewandelt worden. Möglich wurde dies durch ein pandemiebedingtes niedrigeres Verkehrsaufkommen.

Bei der Kommunalwahl im März wollen die Aktivisten Falschparken in den Fokus rücken. „Das ist ein Thema, bei dem wir den Parteien auf die Finger schauen, wie sie sich positionieren“, erklärte Grünewald. Auf Fußwegen würde Falschparken oft geduldet, auf Radwegen gebe es nur Strafzettel. Ein „flächendeckendes Abschleppen, wie es richtig wäre“, fehle. Hinter dem Radentscheid Darmstadt steht eine Gruppe von rund 50 aktiven Personen.

Auch die Aktivisten des Frankfurter Radentscheids schauen auf die Kommunalwahl: Es habe sich eine Gruppe gegründet, die sich mit dem Programm der Parteien in Frankfurt auseinandersetze, sagte Heiko Nickel. Insgesamt gebe es ein Plenum von 30 bis 40 Aktiven.

Das wichtigste Thema sei aktuell die Verkehrssicherheit von Kreuzungen. „Wir wollen eine Kreuzungsinfrastruktur entwerfen, modellhaft als Musterlösung.“ Die Kernfrage ist, wie Radwege geführt werden können, um typische Abbiege-Unfälle an Kreuzungen zu verhindern. Konzepte für Haupt- und Nebenstraßen habe man bereits erarbeitet. Insgesamt ist Nickel mit den Fortschritten in Frankfurt zufrieden. „Klar wünscht man sich immer mehr, aber wir liegen gut im Zeitplan.“

In Kassel sind die Radaktivisten weniger zufrieden: Es bewege sich zwar etwas, sagte Sprecher Thomas Hofmann: „Aber wir sehen das Problem, dass das Tempo nicht so sehr angezogen hat, wie wir es wünschen.“ Vor allem kurzfristig umsetzbare Projekte kämen nicht in Gang wie eine Kampagne für mehr Rücksicht im Verkehr. Auch Verkehrsversuche fehlten bisher. Mit Blick auf die Kommunalwahl wolle man daher Druck zu machen. Man erwarte zudem mehr Ehrlichkeit von Parteien: Diese müssten dem Wähler klar sagen, dass mehr Raum für den Radverkehr zulasten des Autoverkehrs gehen werde, erklärte Hofmann. Die Aktiven-Gruppe des Radentscheids Kassel besteht aus 25 bis 40 Personen.

In Hessen hatten drei kommunale Radentscheide die erste Hürde, das Bürgerbegehren, genommen. Zehntausende Unterschriften wurden gesammelt. Zum nächsten Schritt kam es nie wegen rechtlicher Hürden. Allerdings verständigten sich die Städte mit den Rad-Aktivisten auf millionenschwere Investitionen in die Rad-Infrastruktur.

Ein vierter Radentscheid ist in Offenbach in Vorbereitung. Die Pandemie bremst die Bemühungen der Aktivisten allerdings: „Wir wurden von der Coronakrise zweimal sehr stark erwischt“, sagte deren Sprecher Jochen Teichmann. Aktuell würden wegen der Kontaktbeschränkungen Unterschriften nur noch digital gesammelt. „Das heißt, dass wir unser Ziel, bis Ende des Jahres fertig zu werden, nicht erreichen können.“ Eine Gruppe von 30 bis 40 Aktiven steht in Offenbach hinter dem Projekt, das mehr Radwege in die Stadt bringen soll.

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