Katholische Kirche:Kardinal Woelki bietet Papst Rücktritt an

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Reichte vergeblich ein Rücktrittsgesuch ein: Rainer Maria Woelki, Kardinal von Köln. (Foto: Andreas Arnold/dpa)

Franziskus will "zu gegebener Zeit" entscheiden, im Erzbistum Köln wird die Kritik lauter.

Von Annette Zoch, München

Kölns Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki hat Papst Franziskus seinen Amtsverzicht angeboten. Das teilte das Erzbistum Köln am Mittwoch mit. Franziskus wolle "zu gegebener Zeit" über das Rücktrittsgesuch entscheiden, habe aber auch angeordnet, dass Woelki wie vorgesehen zum 2. März seinen Dienst als Erzbischof der mitgliederstärksten deutschen Diözese wieder aufnehme.

Woelki kehrte damit an diesem Aschermittwoch aus einer fünfmonatigen Auszeit zurück. In einem Hirtenbrief wandte sich Woelki an die Gläubigen und bat um eine zweite Chance: Er wolle sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Kräften dafür einsetzen, dass Gott "uns die Chance für einen Neuanfang schenken" möge. "Hierzu bitte ich Sie um Ihre Offenheit, Ihre Geduld, darum, dass Sie mir, nein, uns noch eine Chance geben", schreibt Woelki.

Er wolle in den kommenden Wochen und Monaten die Begegnung mit möglichst vielen Gläubigen suchen, um Möglichkeiten auszuloten, "wie es in unserem Erzbistum ,gut' weitergehen kann", so Woelki. "Kompass für mein Nachdenken und Handeln" sei für ihn "die Perspektive der von Missbrauch Betroffenen", so der Erzbischof. Er wisse um den ungenügenden Umgang mit Missbrauch, "um Fehlverhalten von Verantwortlichen insgesamt und um Irritationen in der Kirche in Deutschland und der Weltkirche". Er kehre nicht "einfach so zurück, als sei in dieser Zeit nichts geschehen".

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Der 65-jährige Kardinal hatte im Erzbistum und darüber hinaus eine schwere Vertrauenskrise ausgelöst, weil er ein erstes Gutachten zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs zunächst unter Verschluss gehalten hatte. Besonders scharfe Kritik hatte Woelki auf sich gezogen, weil er sich für diese Entscheidung das Plazet des Betroffenenbeirats geholt hatte, ohne dass dieser den Inhalt des Gutachtens kannte. Infolgedessen zerbrach das Gremium, Betroffene sprachen von Retraumatisierung.

Die Kirchenaustritte in Köln bewegen sich seither auf Rekordhoch, Franziskus schickte Apostolische Visitatoren ins Erzbistum und bescheinigte Woelki schwere Fehler in der Kommunikation. Auf Woelkis Wunsch gewährte Franziskus ihm dann eine fünfmonatige Auszeit, die er teilweise im bayerischen Eichstätt verbrachte. Zuletzt hatten sich alle führenden Gremien des Erzbistums gegen eine Rückkehr des Erzbischofs ausgesprochen. Franziskus sei nun "frei zu entscheiden, was dem Wohl der Kirche von Köln am meisten dient", schreibt Woelki. Im Zuge der Missbrauchsaffäre hatte bereits im Mai vergangenen Jahres der Münchner Kardinal Reinhard Marx dem Papst seinen Amtsverzicht angeboten, der Pontifex lehnte jedoch ab.

Strafanzeigen gegen Woelki

Die katholischen Laien in Köln äußerten sich kritisch zur vorläufigen Rückkehr Woelkis: Es herrsche "weiterhin eine Zeit der Ungewissheit", sagte der Vorsitzende des Kölner Diözesanrats, der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach. "Der Papst ist jetzt in einer hohen Verantwortung, ob dieses Bistum in eine Kernschmelze geht oder nicht."

Auch juristisch könnten der Bistumsleitung Konsequenzen drohen: Wie der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet, sind bei der Staatsanwaltschaft Köln mehrere Strafanzeigen gegen Woelki und andere führende Bistumsvertreter wegen ihres Verhaltens im Umgang mit dem verurteilten Missbrauchstäter Priester U. eingegangen. Das Kölner Landgericht hatte U. vergangenen Freitag wegen sexuellen Missbrauchs in 110 Fällen zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Das Erzbistum hatte ihn nach einer kurzen Beurlaubung weiter als Seelsorger eingesetzt, obwohl es von den Vorwürfen gegen U. Kenntnis hatte.

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