Juba (dpa) - Nach einem euphorischen Empfang in der Demokratischen Republik Kongo wünscht sich der Papst im Südsudan nun mehr Bemühungen um ein Ende der Gewalt im Land. Trotz eines mehrjährigen fragilen Friedensabkommens kommt es in dem Land in Ostafrika immer wieder zu Anschlägen und tödlichen Zwischenfällen. Erst am Donnerstag waren mindestens 20 Menschen bei Zusammenstößen im Süden ums Leben gekommen. Mehr als zwei Millionen der insgesamt gut elf Millionen Südsudanesen sind vor der Gewalt geflohen.
Ähnlich wie im Kongo setzen auch die Menschen im Südsudan große Hoffnung in den Besuch des Kirchenoberhaupts. „Ich wünsche mir, dass dieser Besuch ein Wendepunkt für Frieden und Harmonie wird“, sagte James Oyet Latansio, der Sekretär des Kirchenrates im Südsudan. Tausende Menschen kamen aus allen Teilen des Landes in die Hauptstadt Juba, um den Papst zu sehen. Dieser landete aus Kinshasa kommend am Freitagnachmittag zum ersten Besuch eines Papstes im Südsudan.
Papst fordert Ende von Blutvergießen
Und gleich bei der ersten Rede forderte er deutlich von der Politik um Staatschef Salva Kiir: „Nicht weiter mit dem Blutvergießen! Nicht weiter mit den Konflikten! Nicht weiter mit der Gewalttätigkeit und den gegenseitigen Anklagen und Schuldzuweisungen!“ Franziskus sagte: „Lasst das Volk nicht weiter nach Frieden dürsten. Nicht weiter mit der Zerstörung. Es ist Zeit, aufzubauen.“
Auch Präsident Kiir nutzte den Besuch des Papstes, um seine Bereitschaft für einen nachhaltigen Frieden im Land zu demonstrieren. Er kündigte an, die sogenannten „Rom-Gespräche“ mit denjenigen Rebellengruppen wieder aufnehmen zu wollen, die das Friedensabkommen bislang noch nicht anerkannt haben. „Ich hoffe, meine Brüder von der Oppositionsgruppe erwidern diese Geste und kommen mit uns zusammen, um einen umfassenden Frieden in unserem Land zu erreichen“, sagte Kiir.
Obwohl der seit 2013 im Land wütende Bürgerkrieg 2018 offiziell beendet wurde, ist die tägliche Gewalt geblieben. Dennoch ist die Hoffnung der Südsudanesen auf den hohen Gast aus Vatikan nicht unberechtigt, hatten sich doch die ehemaligen Kontrahenten, Präsident Kiir und dessen ehemaliger Vizepräsident Riek Machar, kurz nach einem Besuch im Vatikan im Jahr 2019 zu einer gemeinsamen Übergangsregierung durchgerungen.
Papst Franziskus betete damals mit Kiir und Machar und flehte sie um ein Ende des Konflikts an. Dann kniete er sich vor den beiden nieder und küsste ihnen die Füße. Seit 2020 ist Machar - sieben Jahre zuvor noch wegen eines Putschversuchs in Ungnade gefallen - wieder Vizepräsident des Südsudans. Franziskus bat um ein Einlenken in der aktuellen Lage, „damit dieses Land nicht zu einem Friedhof verkommt“.
Im permanenten Krisenmodus
Doch noch immer ist das Land im permanenten Krisenmodus. Zuletzt eskalierten Auseinandersetzungen in den Bundesstaaten Jonglei und Pibor im Osten. Auch in den Regionen Warrap oder Zentral-Äquatoria kommt es zu Gewalt. Ethnische Spannungen und der Kampf um knappe Ressourcen entladen sich fast täglich in tödlichen Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Gruppen. Die Zahl der Patienten, die mit Schussverletzungen behandelt werden mussten, ist nach Angaben des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) zuletzt erneut in die Höhe geschossen.
„Die Auswirkungen der bewaffneten Konflikte und der Gewalt auf die Menschen im Südsudan ist verheerend“, sagte Pierre Dorbes, der Leiter der IKRK-Delegation in Juba. Das Rote Kreuz stockte seine Notfallhilfe auf, denn die Gewalt wird immer brutaler. „Immer häufiger müssen wir Verletzte aus den ländlichen Gebieten ausfliegen, weil es die einzige Möglichkeit ist, ihr Leben zu retten“, so Dorbes.
Auch im Norden des Landes an der Grenze zum Sudan ist die Lage sehr angespannt. Dabei geht es nicht nur um Konflikte zwischen dem islamisch geprägten Norden und dem christlichen Süden, sondern auch um Ölvorkommen im Grenzgebiet.
Klimawandel als neue Bedrohung
Neben den alten Konflikten kämpft das Land längst auch mit einer neuen Bedrohung: dem Klimawandel. „Der Südsudan ist eines der ersten Musterbeispiele für die Auswirkungen des Klimawandels“, sagt Ania Okinczyc, die Büroleiterin der Welthungerhilfe im Südsudan. Das Land erlebte 2022 das dritte Jahr in Folge mit schweren Überschwemmungen. „Allein im letzten Jahr war rund die Hälfte der Landesfläche vollkommen unter Wasser“, sagte Okinczyc. Zwar habe die Trockenzeit begonnen und es gebe keinen neuen Regen mehr, doch das Wasser stehe weiterhin auf den Feldern und in den Dörfern. Laut Angaben der UN sind mindestens 900.000 Menschen von den Fluten betroffen.
Ein Ende des Leids der Menschen im Südsudan ist nicht in Sicht. Nach Schätzungen der Hilfsorganisation International Rescue Council (IRC) dürfte die Zahl der Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, in diesem Jahr auf 9,4 Millionen Menschen steigen. Schon jetzt sind drei Viertel der gut elf Millionen Südsudanesen auf humanitäre Hilfe angewiesen.
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