Japan:Strafen für 39 Politiker der Regierungspartei

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Verliert Fumio Kishida die nächste Wahl zum Parteichef, kann er auch nicht Premierminister bleiben. (Foto: Eugene Hoshiko/Reuters)

Nach dem heftigen Spendenskandal hat die Ethikkommission der Partei ihre Urteile gesprochen. Premierminister Fumio Kishida bleibt unbehelligt. Aber seine politische Krise ist damit nicht beendet.

Von Thomas Hahn, Seoul

Japans Premierminister Fumio Kishida bleibt standhaft in diesen Zeiten mit Parteispendenskandal und Umfragetief. Es gab zwar Spekulationen, dass er zurücktreten könnte, sobald er im März den Regierungshaushalt für das nächste Fiskaljahr durch das Parlament gebracht hat - weil auch in seiner rechtskonservativen LDP viele unzufrieden sind mit ihm. Aber mittlerweile ist April. Kishida ist immer noch im Amt. Nächste Woche reist er nach Washington, um mit US-Präsident Joe Biden eine innigere Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen zu vereinbaren. Und diese Woche am Donnerstag gab es in Tokio eine Entwicklung, die seine Position auf den ersten Blick auch eher stärkt als schwächt.

Die Ethikkommission der LDP sprach ihre Urteile nach dem großen Spendenskandal, der die Partei in ihren Grundfesten erschüttert hat. 39 Parteimitglieder werden insgesamt bestraft. Die meisten gehören der mittlerweile aufgelösten LDP-Untergruppe Seiwaken an, die einst von dem nationalistischen, im Juli 2022 ermordeten Ex-Premier Shinzo Abe angeführt wurde und die den gemäßigten Kishida kritisch sieht. Zwei prominenten Vertretern dieser Gruppe legt die Kommission sogar nahe, die Partei zu verlassen. Kishida selbst wird nicht bestraft, dabei leitete auch er mal eine Untergruppe, die in den Skandal verwickelt ist. Für den Premier war der Donnerstag eindeutig ein besserer Tag als für seine parteiinternen Widersacher.

Die Bestraften halten das Verfahren für ungerecht

Bleibt die Frage, ob der Skandal damit schon ausgestanden ist. Mindestens fünf Jahre lang sollen Untergruppen überschüssige Einnahmen von Spendenpartys in geheimen Schmiergeldfonds zurückbehalten haben. Das ergaben Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nach einer Anzeige des Verfassungsrechtlers Hiroshi Kamiwaki aus Kobe. Nach einer internen Untersuchung geht die Ethikkommission nun davon aus, dass einzelne Untergruppen, darunter Seiwaken, aber nicht die Ex-Kishida-Gruppe, Einnahmen aus Benefizveranstaltungen jahrelang heimlich an Mitglieder zurückfließen ließen. 85 LDP-Mitglieder sollen über fünf Jahre insgesamt 580 Millionen Yen (3,54 Millionen Euro) abgezweigt haben.

Aber Oppositionspolitiker finden die LDP-Untersuchung zu oberflächlich. Die Bestraften und ihre Anhänger wiederum halten das Verfahren für übereilt und ungerecht.

Hiroshige Seko, Ex-Generalsekretär der LDP-Oberhausfraktion, und Ryu Shionoya, Vorsitzender des Seiwaken-Vorstands, sind die beiden Belasteten, die die Partei verlassen sollen - und nicht die einzigen leitenden Seiwaken-Leute, die hart bestraft werden: Ex-Wirtschaftsminister Yasutoshi Nishimura und Hakubun Shimomura, ein früherer LDP-Chefstratege, müssen ihre Parteimitgliedschaft für ein Jahr niederlegen. Zu denen, die für ein Jahr kein Amt in der LDP bekleiden dürfen, zählt der frühere Abe-Vertraute Koichi Hagiuda, der auch schon Wirtschaftsminister war und von August 2022 bis Dezember 2023 den Strategiebeirat der LDP leitete. Eine ganze Mannschaft von Kishida-Widersachern scheint vorerst ihren Einfluss in der Partei zu verlieren.

Stolze Rechtspolitiker sehen sich von ihren Sockeln gestoßen

Aber gerade das kann für Kishida gefährlich werden. Denn die Bestraften wirken nicht sehr einsichtig. Laut der Zeitung Asahi erklärte Ryu Shionoya in einer Stellungnahme zu seiner Strafe: "Ich protestiere entschieden gegen das diktatorische Vorgehen der Parteiführung." Dass der Disziplinarausschuss Kishida nicht zur Rechenschaft zog, dürfte dem zornigen Shionoya genauso fabriziert vorkommen wie dem anonymen Ex-Minister, der in Asahi klagte, es ergebe "keinen Sinn, den Premierminister vom Haken zu lassen".

Stolze Rechtspolitiker sehen sich von ihren Sockeln gestoßen. Sie werden sicher auf irgendeine Art zurückschlagen. Der anonyme Ex-Minister kündigte jedenfalls an: "Bei der nächsten LDP-Präsidentschaftswahl werde ich für jemanden stimmen, der Kishida mit aller Härte angreift." Die nächste Wahl zum LDP-Chef findet im September statt. Wenn Fumio Kishida sie nicht gewinnt, kann er auch nicht Premierminister bleiben.

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