Italien:Mattarellas kleines Martyrium

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Mattarella und Draghi bei einem Treffen 2019, als man sich noch ohne Masken begrüßte. (Foto: Silas Stein/AFP)

Italiens Parlament nötigt Sergio Mattarella in eine zweite Amtszeit. Damit bleibt Mario Draghi Premier. Alles beim Alten? Nicht ganz. Die verrückte Wahlwoche hinterlässt Schrammen.

Von Oliver Meiler, Rom

Am Ende ging alles ganz schnell. Italiens Parlament hat sich am Samstag nach einer Woche voller Kapriolen selbst ernannter Königsmacher seiner eigenen Unfähigkeit ergeben, einen neuen Präsidenten der Republik zu wählen, und bestätigte stattdessen Sergio Mattarella in seinem Amt, obschon der genau dieses Szenario sehr ausdrücklich nicht gewünscht hatte. Im entscheidenden Wahlgang stimmten 759 der insgesamt 1009 Parlamentarier und Delegierten aus den Regionen für Mattarella. Mindestens notwendig wären 505 Stimmen gewesen. Der zwölfte Staatschef in der Geschichte des republikanischen Italiens ist erst der zweite, der wiedergewählt wurde. Und nur einer vor ihm, Sandro Pertini, erhielt noch mehr Stimmen als er, nämlich 832, aber das ist lange her: 1978. In einer sehr kurzen Rede nahm Mattarella die Wiederwahl an: Er habe sich das schwierige Wahlprozedere angeschaut, sagte er. "Die schwere Notsituation im Gesundheitswesen, in der Wirtschaft und im Sozialen erfordern Verantwortungssinn und Respekt für die Entscheidungen des Parlaments." Er könne sich den Pflichten nicht entziehen, seine persönlichen Perspektiven stelle er hintan.

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