Israel und die Palästinenser:Gemeinsam gegen den Terror

Lesezeit: 2 min

Ein gemeinsamer Feind schweißt zusammen: Israelische und palästinensische Sicherheitskräfte kämpfen erfolgreich gegen islamistische Gruppen. Das dichte Spitzelnetz in der Westbank kommt Israel dabei zugute.

Peter Münch, Tel Aviv

Terrorwarnungen gehören zum israelischen Alltag fast wie der Wetterbericht. Zwar sind die Zeiten der Intifada mit ihren verheerenden Selbstmordanschlägen lange vorbei, aber der Inlandsgeheimdienst Schin Bet ist auf stete Wachsamkeit programmiert. Er kann sich dabei auf palästinensischer Seite auf ein dichtes Netz von Spitzeln verlassen. Doch neben der Kollaboration gibt es zumindest im Westjordanland auch immer mehr Kooperation zwischen israelischen und palästinensischen Sicherheitskräften.

Das ausgebrannte Auto, in dem Islam und Mohammed Jassin von der "Armee des Islam" saßen. Israels Armee und der Inlandsgeheimdienst Schin Bet bekannten sich zu dem Anschlag. (Foto: REUTERS)

Spötter behaupten, dass in den Palästinensergebieten wohl kein Fahrrad mehr umfällt, ohne dass die Israelis das registrieren. Noch wahrscheinlicher ist, dass kein Auto explodiert, ohne dass sie ihre Hand im Spiel haben. Die jüngsten Opfer sind ein Mitglied der "Armee des Islam" und sein Bruder, deren Wagen im Gaza-Streifen von einer israelischen Rakete getroffen wurde.

Es war zur Zeit des Sonnenuntergangs am Mittwochabend mitten in Gaza-Stadt, als Islam und Mohammed Jassin ihr Leben ließen. Ihr Auto wurde Augenzeugen zufolge in zwei Hälften gerissen, in der Straße klafft nun ein tiefes Loch, und von jenseits der Grenze bekannten die israelischen Streitkräfte, dass sie diesen Schlag in Kooperation mit dem Schin Bet ausgeführt hatten.

Die "Armee des Islam" wird beschuldigt, Anschläge und Entführungen auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel geplant zu haben. Erst vorige Woche waren israelische Sinai-Urlauber dringlich zur Rückkehr aufgefordert worden. Bereits vor zwei Wochen war ein weiteres Führungsmitglied der Islam-Armee in seinem Auto von den Israelis getötet worden. Ohne genaue Informationen von Spitzeln über Aufenthaltsort und Fahrroute sind solche Angriffe nicht möglich.

Lob für die Palästinenser

Die Hamas reagierte mit der üblichen Anti-Israel- und Pro-Märtyrer-Rhetorik, aber nicht sonderlich empathisch auf den jüngsten Angriff. Denn auch sie verbindet mit der "Armee des Islam", die Verbindungen zu al-Qaida unterhält, eine wechselvolle und zeitweise blutige Geschichte. Im Sommer 2006 hatten die beiden Gruppen noch bei der Entführung des israelischen Soldaten Gilad Schalit in den Gaza-Streifen zusammengearbeitet.

Den britischen BBC-Reporter Alan Johnston entführte die "Armee des Islam" dann 2007 auf eigene Faust - und die Hamas sorgte nach vier Monaten druckvoll für seine Freilassung. Anschließend ging sie gewaltsam gegen die "Armee des Islam" vor, die von Mumtaz Durmusch und seinem mächtigen Familienclan geführt wird. Diesem werden neben seiner Affinität für den Heiligen Krieg auch zahlreiche kriminelle Aktivitäten nachgesagt. Beim Kampf um die Macht in Gaza sind die Hamas und die Islam-Armee natürliche Rivalen.

Die Israelis wissen von jeher die innerpalästinensischen Friktionen für sich zu nutzen, und besonders im Westjordanland zahlt sich das nun aus in einer engen Kooperation mit den Sicherheitskräften der dort regierenden Fatah. Der gemeinsame Feind schweißt zusammen, und dieser Feind ist hier die Hamas. Israelische Offiziere und Geheimdienstler können mittlerweile, wenn sie nicht namentlich zitiert werden, die Verlässlichkeit ihrer palästinensischen Partner nicht genug loben.

Jüngst wurde vermeldet, dass es im nördlichen Westjordanland keinen einzigen von Israel gesuchten Terroristen mehr gebe. Doch dies war offenbar voreilig. Denn die palästinensischen Sicherheitskräfte haben in Nablus eine Zelle der Kassam-Brigaden, des bewaffneten Arms der Hamas, ausgehoben. Die verhafteten Mitglieder sollen Berichten zufolge Selbstmordanschläge in Jerusalem, die Geiselnahme jüdischer Siedler und ein Attentat auf den palästinensischen Gouverneur von Nablus geplant haben. Palästinensische Sicherheitskräfte sprechen von zahlreichen Schläfer-Zellen im Westjordanland, die sowohl für Israel als auch für die Autonomiebehörde in Ramallah eine Bedrohung darstellten. Terrorwarnungen dürften also weiterhin den Alltag begleiten.

© SZ vom 19.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: