Angriff auf Israel:Besorgnis nach Irans Angriff auf Israel

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Teil des Iron Dome: Israels Flugabwehrsysteme waren in der Nacht auf Sonntag im Dauereinsatz - wie hier von der Stadt Aschkelon aus zu sehen. (Foto: Amir Cohen/Reuters)

In der Nacht auf Sonntag attackierte Teheran den Erzfeind mit zahlreichen Drohnen und "Cruise Missiles". Fast alle konnten abgefangen werden, doch die Angst vor einer Eskalation wächst.

Von Sina-Maria Schweikle, Berlin

Es war kurz vor zwei Uhr Ortszeit am Sonntagmorgen, als in Israel Raketenalarm ausgelöst wurde. Am Himmel waren helle Lichtschweife zu sehen. Wenige Stunden zuvor hatte Iran den seit Tagen erwarteten Angriff auf Israel begonnen und zahlreiche Drohnen und auch Cruise Missiles abgeschossen. Israel und seine Verbündeten konnten nach eigenen Angaben 99 Prozent abwehren und die Flugkörper abschießen, der Schaden soll gering geblieben sein. Doch der erste direkte Angriff Irans auf Israel wird international als besorgniserregende Eskalation gewertet.

Seit Tagen war mit einem Angriff Irans gerechnet worden, Teheran hatte eine Reaktion auf einen Anschlag, der Israel zugeschrieben wird, angekündigt. Anfang April war Mohammad Zahedi, ein hochrangiger iranischer General der Islamischen Revolutionsgarde, in Damaskus durch einen mutmaßlich israelischen Angriff getötet worden. Er galt als Befehlshaber der Truppen in Syrien und Libanon und hatte sich in einem iranischen Gebäude in der syrischen Hauptstadt aufgehalten. In den Tagen danach wurde immer deutlicher, dass Iran auf Vergeltung dringt. Israel müsse und werde bestraft werden, sagte Irans oberster Führer Ali Chamenei.

In der Nacht auf Sonntag folgte die militärische Reaktion. Zum ersten Mal hat Iran den "Erzfeind Israel", dem er seit der Gründung der Islamischen Republik Iran 1979 mit Vernichtung droht, direkt angegriffen. Insgesamt 170 Drohnen, mehr als 30 Marschflugkörper und über 120 Raketen soll das Mullah-Regime auf Israel abgefeuert haben. Seit Jahrzehnten führen beide Staaten einen Schattenkrieg. Auf der Social-Media-Plattform X erklärte die ständige Vertretung Irans bei den Vereinten Nationen anschließend den Angriff auf Israel für beendet und warnte, wohl im Wissen um die Eskalationsgefahr, vor Gegenschlägen.

Bei der Abwehr des Angriffs standen nicht nur Frankreich, Großbritannien und die USA zur Seite, sondern auch das benachbarte Königreich Jordanien, mit dem Israel vor knapp 30 Jahren einen Friedensvertrag unterzeichnet hat. Es ist nicht das einzige Land im Nahen Osten, das sich nach den Angriffen zu Wort gemeldet hat. Saudi-Arabien äußerte sich "tief besorgt" über die Entwicklungen. Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate riefen zu einer Entspannung der Lage und zur Zurückhaltung auf.

US-Präsident Joe Biden verurteilte den iranischen Angriff auf das Schärfste. Dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sicherte er in einem Gespräch die amerikanische Unterstützung für die Sicherheit Israels zu. Zugleich betonte er, Israel sei in der Lage gewesen, eine beispiellose Angriffswelle abzuwehren. Dies sei "eine klare Botschaft an seine Feinde, dass sie die Sicherheit Israels nicht wirksam bedrohen können", so Biden. Nach Angaben des Nachrichtensenders CNN hat der US-Präsident Netanjahu jedoch mitgeteilt, dass er sich an keinem Vergeltungsanschlag gegen Iran beteiligen werde. "Wir wollen nicht, dass die Situation eskaliert. Wir sind nicht auf einen größeren Krieg mit Iran aus", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der US-Regierung, John Kirby.

Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden demokratischen Industriestaaten (G7) haben nach einer Videokonferenz am Sonntag den iranischen Großangriff auf Israel aufs Schärfste verurteilt und ihre volle Unterstützung für die Sicherheit des jüdischen Staates bekräftigt.

Am Sonntagmittag tagte auch das israelische Kriegskabinett. Rechtsextreme Partner, von denen das politische Überleben Benjamin Netanjahus abhängt, dringen auf einen Angriff. Aus Teilen der Regierungskoalition ist bereits zu hören, dass ein harter Gegenschlag erwartet wird. Israels ehemaliger Verteidigungsminister und Mitglied des Kriegskabinetts, Benny Gantz, sagte nach Angaben der Times of Israel, dass er eine regionale Koalition gegen die iranische Bedrohung schaffen möchte.

Aus vielen Ländern Europas gab es Solidaritätsbekundungen für Israel. Die Bundesregierung zeigte sich nach dem Angriff des Mullah-Regimes empört und verurteilte die Attacke. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderte eine Verschärfung von EU-Sanktionen gegen Iran. Im ARD-Brennpunkt am Sonntag sagte sie, sie haben ihrem iranischen Amtskollegen Hossein Amir-Abdollahian in einem Gespräch klargemacht: "Es darf keine weitere Eskalation geben". Zugleich bekräftigte sie: "Wir stehen in voller Solidarität an der Seite Israels."

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilte die iranische Attacke erneut scharf. "Wir können nur alle warnen, insbesondere den Iran, so weiterzumachen", sagte Scholz. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte, dass man genau beobachte, ob diese Eskalation Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland habe. "Der Schutz von israelischen und jüdischen Einrichtungen in Deutschland hat höchste Priorität", sagte Faeser.

In einer früheren Version des Artikels hieß es, Iran drohe Israel seit seiner Gründung mit Vernichtung. Richtig ist, dass dies seit der Gründung der Islamischen Republik Iran 1979 der Fall ist.

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