Islamistischer Terror:Libyen - Trainingslager des IS

A vehicle transporting a group of African migrants drives through the desert on their journey from Ghat in southwest Libya

Die Wüste in Libyen droht zur neuen Basis des Islamischen Staats zu werden.

(Foto: Reuters)
  • In Libyen herrscht ein Machtvakuum: Das Land ist gespalten und unter zwei Regierungen geteilt.
  • Libyens international anerkannte Regierung bat kürzlich Ägypten um Hilfe im Kampf gegen den Islamischen Staat.
  • Die Situation im Land bietet für einen weiteren Vormarsch des IS beste Bedingungen.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Libyens Außenminister Mohammed el-Dayri war mit einem Hilferuf nach Kairo geeilt. Mit Luftangriffen solle die Arabische Liga gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu Felde ziehen, forderte der Vertreter der international anerkannten Regierung, die in Bayda im Osten des Landes sitzt. Durch das UN-Waffenembargo, das wegen des Aufstandes gegen den Diktator Muammar al-Gaddafi verhängt worden sei, könne die Armee der Lage nicht Herr werden - sie verfüge nur über zwei Kampfflugzeuge.

Die Dschihadisten hatten jüngst in Sirte, der Heimat Gaddafis, Dutzende Angehörige eines Stammes bestialisch massakriert, der sich weigerte, sich den Regeln des Kalifats zu unterwerfen. Leichen wurde zur Abschreckung an Laternen aufgeknüpft. Zuvor sind bei schweren Gefechten um Sirte vermutlich Hunderte Menschen getötet worden.

Öffentlich teilte die Liga mit, es bedürfe "dringend einer arabischen Strategie", um den IS in Libyen zu bekämpfen. Details wurden nicht mitgeteilt - nur dass keine Luftangriffe beschlossen wurden, drang nach außen. Zudem unterstützt die Liga nach den Worten ihres Generalsekretärs Nabil al-Arabi die Forderung der Regierung, das UN-Waffenembargo aufzuheben. Im Weltsicherheitsrat dürfte das allerdings auf wenig Gegenliebe stoßen, solange die vom UN-Sondergesandten Bernardino Léon vermittelten Friedensgespräche zwischen den rivalisierenden libyschen Fraktionen in Genf keine Einigung auf eine Regierung der nationalen Einheit zeitigen.

Die leere Wüste ist ideales Rückzugs- und Trainingsgebiet

Das Land ist gespalten zwischen zwei Regierungen. Das international anerkannte Kabinett von Premier Abdullah al-Thinni in Bayda mit dem Parlament im 60 Kilometer entfernten Tobruk kontrolliert den Osten Libyens - mehr schlecht als recht. Die von Islamisten dominierte Gegenregierung des Milizenbündnisses "Morgenröte" herrscht in der Hauptstadt Tripolis und an der Mittelmeerküste von Tunesien bis 140 Kilometer östlich von Sirte.

Seit 2013 machen sich dazwischen Ableger des IS breit. Sie nutzen das Machtvakuum - trotz zweier Regierungen gibt es keine zentrale Staatsgewalt, sondern nur lokale Milizen, die versuchen, ihre Städte und die Versorgungswege zu kontrollieren. Dazwischen ist leere Wüste und Anarchie, ein ideales Rückzugs- und Trainingsgebiet für militante Islamisten, genauso wie Afghanistan oder Somalia.

Augenfällig wurde die IS-Präsenz in Libyen erstmals im November 2014, als drei junge Medienaktivisten enthauptet in Derna aufgefunden wurden. Diese Tötungsmethode ist zum makaberen Markenzeichen der Terrormiliz Islamischer Staat geworden - in Libyen hatte man sie zuvor bei aller Gewalt und Grausamkeit nicht gesehen.

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