Angola:Ende eines Imperiums

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Isabel dos Santos, Tochter des ehemaligen Präsidenten von Angola, im Januar 2020 in London. (Foto: Toby Melville/REUTERS)

Isabel dos Santos war einst die reichste Frau Afrikas. Nach den "Luanda Leaks" geriet die Tochter des früheren Präsidenten immer stärker ins Visier der Justiz - und muss jetzt millionenschwere Anteile an einem portugiesischen Unternehmen zurückgeben.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Bei ihrem letzten großen Auftritt fragte Isabel dos Santos noch, wer denn der nächste "afrikanische Champion" sein könne - und bei der Frage schwang selbstverständlich mit, wer aktuell den Titel trägt: sie selbst. Ihre Rede ist schon einige Zeit her, es war der November 2019 auf der Konferenz Africa Tech in Kapstadt. Dos Santos sprach routiniert über ihre Themen, Internet und Technologie. Es war wohl ihr letzter großer Applaus.

Wenige Monate später, im Januar 2020, veröffentlichten die SZ und die Partner des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) die "Luanda Leaks", eine Recherche, die auf 715 000 Dokumenten basierte und belegte, wie sich die Tochter des ehemaligen Präsidenten von Angola ein milliardenschweres Imperium erschwindelt und ergaunert hatte. Jahrelang war dos Santos, einst die reichste Frau Afrikas, ein gerne gesehener Gast auf den Podien und Konferenzen der globalen Wirtschaftselite gewesen, als Vertreterin eines Kontinents, der sonst so oft nur mit Hunger und Armut in Verbindung gebracht wurde. Oder Korruption.

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Nicht bei ihr, hatte Isabel dos Santos immer gesagt und erzählt, wie sie als kleines Mädchen in der Hauptstadt Luanda mit dem Verkauf von Hühnereiern begonnen habe. Danach hätte eins zum anderen geführt. Auf dem Höhepunkt ihres sogenannten Erfolges schätzte das Magazin Forbes ihr Vermögen auf mehr als drei Milliarden Dollar, seit diesem Jahr allerdings findet man sie nicht mehr auf der Liste der globalen Milliardäre. Ihr Geschäftsimperium ist weitgehend zusammengebrochen.

Mehr als 1,6 Milliarden Dollar seien aufgrund der Ermittlungen auch in Folge der Luanda Leaks von den Behörden in Portugal und Angola eingefroren oder konfisziert, schätzt Forbes. Ihr Bruder wurde in Angola wegen Korruption zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Vor wenigen Tagen urteilte der Internationale Schiedsgerichtshof in den Niederlanden, dass dos Santos ihre Anteile am portugiesischem Energieunternehmen Galp zurückgeben müsse, die einen Wert von etwa 422 Millionen Euro haben.

Es ist einer der größten Einzelerfolge der Justizbehörden in verschiedenen Ländern, die versuchen, die mutmaßlich ergaunerten Milliarden dem angolanischen Staat zurückzugeben.

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Die neuen Zeiten begannen für Isabel dos Santos bereits im Jahr 2017, da trat ihr Vater José Eduardo dos Santos nach fast vierzig Jahren als Präsident Angolas zurück. Er hatte als Befreiungskämpfer begonnen und war schließlich zu einem der korruptesten und gewalttätigsten Führer des Kontinents geworden. Nachfolger João Lourenço, ein alter Weggefährte, sagte überraschend der Korruption den Kampf an - wohl auch, weil nach den Plünderungen unter dos Santos für die Elite des Landes ohnehin nichts mehr zum Stehlen übrig war. Mittlerweile bescheinigt aber auch der Internationale Währungsfonds dem Land Fortschritte bei der Eindämmung der Korruption, der Fokus liegt bislang vor allem auf der Familie dos Santos.

Die Tochter des Präsidenten war Vorsitzende des mächtigen staatlichen Ölkonzerns gewesen, sie besaß in Angola zwei Banken, eine Mobilfunkfirma, einen Anbieter von Satellitenfernsehen, eine Brauerei und eine Supermarktkette. Nach und nach hat Isabel dos Santos ihre geschäftlichen Aktivitäten auf Portugal ausgeweitet, die ehemalige Kolonialmacht, auch dort kaufte sie eine Bank und einen Elektrohersteller, beteiligte sich an Gas- und Energieunternehmen.

Bei ihren Geschäften waren teils große internationale Rechnungsprüfer wie McKinsey oder PWC beteiligt. Auch die deutsche KfW-Ipex-Bank gab ihrem Getränkekonzern Sodiba über eine angolanische Bank einen 50-Millionen Euro-Kredit, viele wollten mitmischen bei den Geschäften der erfolgreichsten Frau Afrikas.

Die Luanda-Recherchen schließlich zeigten, wie sich der angolanische Staatskonzern Sanongol auf Initiative von dos Santos am portugiesischen Energiekonzern Galp beteiligte, später wurde der Anteil einfach an dos Santos weiterverkauft - sie musste lediglich 15 Millionen Dollar als Kaution hinterlegen.

Das Gericht in den Niederlanden forderte sie nun auf, 422 Millionen Euro zurückzuzahlen. Der Deal könne nur "durch erhebliche Korruption auf Seiten der Tochter eines Staatspräsidenten und ihres Mannes erklärt werden", teilte das Gericht mit, der Verkauf der Anteile sei "null und nichtig".

Die Anwälte von dos Santos jedoch bestreiten jedes Fehlverhalten. Auf Facebook hat dos Santos in den vergangenen Monaten in unregelmäßigen Abständen gepostet, zuletzt, um ihre neue Lockenfrisur zu zeigen. "Einen neuen Pfad zu einer neuen Reise zu finden geht nicht ohne Widerstände, Aufs und Abs und verrückte Dinge, und Menschen, die einen verletzen..." Wenn sich dos Santos zu den Vorwürfen gegen sie äußert, sieht sie sich stets als Opfer einer politischen Hexenjagd. Einsicht oder Reue sind ihr fremd.

Ihr Imperium aber scheint am Ende zu sein: Ihre Brauerei fülle gerade mal ein Drittel so viel ab wie sie könnte, schreibt die Agentur Bloomberg. Die Regale in ihren Supermärkten seien halb leer und auch ihr Zementhersteller schwächele.

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