Iran:Vertraute von Mussawi festgenommen

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Nach den Massenprotesten in Teheran soll das iranische Regime Vertraute des Oppositionsführers Mussawi in Gewahrsam genommen haben.

Nach Angaben der Opposition sind nach den Massenprotesten der vergangenen Tage an diesem Montag in Iran mehrere Vertraute des reformorientierten Ex-Präsidenten Mohammed Chatami und des Oppositionsführers Mir Hossein Mussawi festgenommen worden. Das meldete die Website der oppositionellen Parlamentarier Parlemannews.ir.

Feuer, Gewalt, Todesopfer in Teheran: Die Demonstrationen der Opposition halten Irans Hauptstadt in Bann. (Foto: Foto: AFP)

Die oppositionelle Internetseite Rahesabs hatte zuvor gemeldet, der Generalsekretär der verbotenen, aber tolerierten Iranischen Freiheitsbewegung, Ibrahim Jasdi, sei festgenommen worden.

Er sei von Sicherheitsleuten an einen unbekannten Ort gebracht worden, nachdem er vergangene Woche einer Vorladung ins Geheimdienstministerium nicht gefolgt sei. Jasdi hatte kurz nach der Islamischen Revolution 1979 im Iran das Amt des Außenministers inne.

Der gemäßigte Kleriker Mehdi Karubi wirft der Regierung vor, bei den jüngsten Protesten die Tötung von Demonstranten angeordnet zu haben. "Was ist mit diesem religiösen System passiert, dass es die Tötung von Unschuldigen am Heiligen Tag von Aschura befiehlt?" sagte Karubi der regierungskritischen Website Jaras.

Die Seite Parlemannnews.ir meldet außerdem, dass der Leichnam des bei den Protesten getöteten Neffen Mussawis, Sejed Ali Mussawiverschwunden ist. Der Leichnam sei aus dem Krankenhaus in Teheran fortgeschafft worden und unauffindbar, sagte der Bruder des Opfers, Sejed Resa Mussawi, der Internet-Seite, die von einer reformorientierten Minderheitsfraktion im iranischen Parlament unterhalten wird.

"Niemand übernimmt für das Verschwinden des Leichnams Verantwortung", sagte Sejed Resa Mussawi. "Bevor wir ihn nicht wiedergefunden haben, können wir keine Beerdigung abhalten." Die Beerdigung hätte ein Ausgangspunkt für neue Proteste werden können.

Der 35-jährige Sejed Ali Mussawi war bei den massiven Protesten der Opposition gegen Staatschef Mahmud Ahmadinedschad am Sonntag in Teheran erschossen worden. Sein Onkel ist der prominente Oppositionspolitiker Mir Hossein Mussawi, der einer der stärksten Widersacher des Staatschefs ist.

Auch an diesem Montag gehen die Proteste der Regierunsgkritiker im Iran offenbar weiter. Bereits am Sonntag gab es Tote bei Demonstrationen, hunderte Oppositionsanhänger wurden festgenommen. Weitere Videos finden Sie hier

Das iranische Staatsfernsehen räumt inzwischen ein, dass bei den Protesten am Sonntag mindestens acht Menschen ums Leben gekommen seien. Die Nachrichtenagentur AFP zitierte einen staatlichen TV-Sender, der angeblich von mindestens 15 Todesopfern sprach.

Unter Berufung auf das Geheimdienstministerium meldete das Fernsehen demnach, fünf der Toten seien "von Terrorgruppen" umgebracht worden. "Mehr als zehn" hätten "antirevolutionären Gruppen" angehört.

Zuvor hatte die BBC von neuer Gewalt in Teheran berichtet. In den Morgenstunden sei es abermals zu Zusammenstößen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Oppositionellen gekommen. Unter Berufung auf Regimegegner hieß es, am frühen Montagmorgen habe sich eine größere Menschenmenge nahe des staatlichen Fernsehsenders gesammelt. Die iranischen Sicherheitskräfte feuerten mit Tränengas, um die Demonstranten auseinander zu treiben.

Bundesregierung verurteil vorgehen Teherans

Als "inakzeptabel" kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel das gewaltsame Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten. Den Angehörigen der Opfer gelte ihre Anteilnahme, erklärte sie. "Ich fordere den Iran auf, seinen Verpflichtungen aus dem Internationalen Pakt für bürgerliche und politische Rechte nachzukommen. Insbesondere darf das Recht auf freie Meinungsäußerung durch friedliche Demonstrationen nicht eingeschränkt oder durch Gewalt unterdrückt werden", betonte Merkel weiter. Die Verantwortlichen in Teheran seien aufgerufen, eine weitere Eskalation zu verhindern und den politischen Dialog zu suchen.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verurteilte das brutale Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten scharf. "Ich fordere die Verantwortlichen in Teheran auf, alles zu tun, um eine weitere Zuspitzung der Lage zu verhindern und die Gewalt zu beenden", hieß es in einer Erklärung Westerwelles. Darin betonte der Außenminister, dass Iran seine Verpflichtungen zum Schutz der zivilen und politischen Rechte seiner Bürger einhalten müsse. "Die Völkergemeinschaft wird hinsehen und nicht wegschauen", erklärte er weiter.

Auch die USA verurteilten das Vorgehen der iranischen Behörden gegen Demonstranten und erklärten sich mit den Protesten der Opposition solidarisch. "Wir verurteilen die gewaltsame und ungerechte Unterdrückung von Zivilisten im Iran, die ihre universellen Rechte ausüben wollen", erklärte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats von US-Präsident Barack Obama, Mike Hammer.

Die USA stünden auf der Seite derjenigen, die friedlich ihre Rechte einforderten. "Durch Angst und Gewalt zu regieren, ist niemals gerecht", sagte Hammer. "Es ist vielsagend, wenn Regierungen die Hoffnungen ihrer Bürger mehr fürchten als die Macht einer anderen Nation."

Ein Sprecher des französischen Außenministeriums in Paris kritisierte im Gespräch mit der BBC die Gewalt gegen Demonstranten. Die Menschen auf der Straße verlangten mehr Freiheit und Demokratie. "Die Repression der Polizeikräfte ist nicht akzeptabel".

Bestattung könnte neuen Protest auslösen

Trotz der wiederholten Gewalt beteiligten sich laut Augenzeugen am Sonntag Tausende von Iranern an den Protestzügen gegen Ahmadinedschad. Sie wurden von Zehntausenden Autofahrern unterstützt, die mit Hupkonzerten ihre Sympathie mit den Demonstranten bekundeten. Im Verlauf der Protestkundgebungen im Zentrum und im Westen Teherans seien zahlreiche Polizeimotorräder in Brand gesetzt worden, hieß es.

Die iranische Führung hatte am Vormittag noch versucht, Protestkundgebungen gleich im Keim zu ersticken. An zahlreichen neuralgischen Punkten der Hauptstadt waren deshalb Einheiten der Sicherheitskräfte aufmarschiert.

Die iranische Opposition hatte das schiitische Aschura-Fest zu ihren neuen Protesten gegen die Regierung von Präsident Ahmadinedschad genutzt.

© sueddeutsche.de/AFP/AP/dpa/odg/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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