Naher Osten:Was über den Angriff auf Iran bekannt ist

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Wie reagiert die iranische Führung um Ayatollah Ali Chamenei auf den jüngsten, mutmaßlich aus Israel kommenden Angriff? (Foto: -/AFP)

War das der israelische Gegenschlag nach Irans Attacke? Wie reagiert Teheran? Und droht nun eine Spirale der Gewalt? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Philipp Saul

War das der israelische Gegenschlag? Seit den massiven iranischen Angriffen auf Israel am vergangenen Wochenende stand die Frage im Raum, wie und wann Israel darauf reagieren würde. Nun könnte es eine Antwort gegeben haben: Übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge hat Israel Iran in der Region Isfahan angegriffen. Berichte über Schäden gibt es nicht, iranische Staatsmedien dementieren eine breit angelegte Attacke. Auch die israelische Regierung schweigt zu dem Vorfall. Was bislang bekannt ist.

Wie groß war der mutmaßliche Angriff?

Sicher zu sein scheint, dass die Aktionen in der Nacht in ihrem Ausmaß bei Weitem nicht so massiv waren wie der iranische Angriff vom Wochenende, als Hunderte Raketen, Marschflugkörper und Drohnen in Richtung Israel flogen, womit Iran auf einen Angriff auf ein Konsulatsgebäude in Syrien Anfang April reagierte. Unter Berufung auf US-Regierungsvertreter berichten nun mehrere amerikanische Medien, dass Israel ein Ziel in Iran mit einer oder mehreren Raketen attackiert habe. Der Sender Fox News bezieht sich auf eine Quelle beim US-Militär und spricht von einem "begrenzten Angriff". Israel und das US-Verteidigungsministerium haben sich bislang nicht offiziell geäußert.

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Die Islamische Republik will den Konflikt nach eigenen Angaben nicht weiter eskalieren. Der Chef des israelischen Militärgeheimdienstes tritt zurück.

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Iranische Medien spielen den Vorfall herunter und weisen Berichte über Raketenangriffe zurück. Es handle sich um keine breit angelegte Attacke, so die staatliche Nachrichtenagentur Irna. Im Fernsehen wurde betont, dass die Lage in Isfahan "normal" sei. Die iranische Regierung wies Berichte zurück, wonach der Sicherheitsrat des Landes zu einer Notsitzung zusammengekommen sei.

Der Oberbefehlshaber der regulären Streitkräfte, Abdolrahim Mussawi, sagte laut Irna, dass Experten die Dimensionen der Attacke untersuchen und einen Bericht vorstellen würden. Offiziell gibt es noch keine iranischen Schuldzuweisungen an Israel. Die New York Times zitiert jedoch anonyme iranische Regierungsvertreter, die von einem israelischen Angriff sprechen.

Wie und wo wurde angegriffen?

Iranische Medien berichten über eine Explosion nahe der Millionenstadt Isfahan unweit eines Militärstützpunktes. Sie sei jedoch von der Flugabwehr ausgelöst worden. Am Boden habe es keine Explosion gegeben. "Wir hatten keine Schäden oder Vorfälle", wird ein General in der Provinz zitiert. Kurz nach Mitternacht seien in der Region drei Drohnen am Himmel gesichtet und zerstört worden, meldete das Staatsfernsehen. Auch in der Region Täbris, etwa 800 Kilometer nordwestlich von Isfahan, seien Drohnen abgeschossen worden, berichtet die New York Times unter Berufung auf iranische Regierungsvertreter.

Diese sagten der US-Zeitung, dass die kleinen Drohnen über Isfahan womöglich aus dem Inneren Irans gestartet worden seien. Die Radarsysteme hätten keine unbekannten, von außen in den iranischen Luftraum eindringenden Flugobjekte entdeckt. Der iranische Fernsehsender Press TV berichtete unter Berufung auf informierte Kreise, dass es keinen Angriff aus dem Ausland auf Isfahan oder andere iranische Städte gegeben habe. "Die Diskussion tendiert eher in Richtung Infiltration als in Richtung Angriff", sagte ein ranghoher iranischer Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters.

Bei der iranischen Attacke auf Israel am Wochenende war Isfahan Medienberichten zufolge einer von mehreren Ursprungsorten iranischer Drohnen und Raketen. In der Region befinden sich außer dem Militärstützpunkt auch wichtige Einrichtungen der iranischen Rüstungsindustrie. Das größte nukleare Forschungszentrum des Landes ist ebenfalls in Isfahan angesiedelt. Laut staatlichem Rundfunk bestand für die dortigen Atomeinrichtungen keine Gefahr. Auch die Internationale Atomenergiebehörde bestätigt, dass die iranischen Nuklearanlagen nicht beschädigt wurden. Der Luftraum über Teilen Irans wurde in der Nacht für einige Zeit eingeschränkt. Flüge wurden umgeleitet.

Haben sich die USA an Angriffen beteiligt?

Als Iran Israel am Wochenende angegriffen hat, haben die USA Dutzende Drohnen und Raketen abgefangen und hatten damit großen Anteil am Schutz Israels. Sie sind der wichtigste Verbündete des Landes und häufig in engem Austausch mit der dortigen Regierung. Nach der iranischen Attacke setzte sich die US-Regierung für Deeskalation ein und machte klar, dass sie sich nicht an einem Gegenschlag beteiligen werde. So berichtet der Sender Fox News nun auch unter Berufung auf US-Regierungsvertreter, dass die Israelis die USA zwar vorab über ihre Aktionen informiert hätten, die Vereinigten Staaten aber nicht beteiligt gewesen seien. CNN meldete, die US-Regierung habe kein "grünes Licht" gegeben.

Ist das die befürchtete Eskalation des Konflikts?

Ob die nächtlichen Geschehnisse einen Flächenbrand in der Region zur Folge haben, ist noch unklar. Iran hat Israel nach seinen Angriffen wiederholt vor einem Gegenschlag gewarnt, man werde ansonsten deutlich stärker zurückschlagen. CNN-Militärexperte Mark MacCarley interpretierte die mutmaßliche israelische Aktion vor allem als Zeichen an Iran. "Die Israelis mussten Vergeltung üben, aber diese Vergeltung enthielt auch eine Botschaft, nämlich: Ja, wir können es schaffen. Macht das nicht noch einmal. Wenn ihr es noch einmal tut, dann wird Chaos ausbrechen."

In iranischen Medien wird die Situation bislang heruntergespielt. Bislang plane die Islamische Republik keinen Gegenschlag, sagte der anonyme Regierungsvertreter zu Reuters. Es sei nicht klar, wer hinter dem Vorfall stecke. "Die ausländische Quelle des Vorfalls wurde nicht bestätigt." Ob es das Regime in Teheran wirklich darauf beruhen lässt, dürfte klarer werden, wenn sich die Führung des Landes um Ayatollah Ali Chamenei öffentlich äußert.

Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters

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