EU:Deutschland, Frankreich und Großbritannien verhindern Ende der Iran-Sanktionen

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Irans "Oberster Führer" Ayatollah Ali Chamenei besichtigt im Juni Zentrifugen zur Urananreicherung . (Foto: Wana/Reuters)

Bei der UN-Generalversammlung wollen die USA und die Europäer neue Verhandlungen mit Iran im Atomstreit ausloten. Doch nicht nur in dieser Frage hakt es.

Von Paul-Anton Krüger, Washington

Eigentlich sollte der 18. Oktober 2023 Iran das Ende aller EU-Sanktionen bringen, die wegen des Atomstreits noch bestehen. So sieht es das Atomabkommen aus dem Jahr 2015 vor, an dem die europäischen Teilnehmer Deutschland, Frankreich und Großbritannien (E3) bislang festhalten. Doch dazu wird es nicht kommen, wie die Außenminister der drei Länder am Donnerstag in einem gemeinsamen Brief an den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell angekündigt haben, der als Koordinator des Abkommens fungiert. Damit bleiben auch die Revolutionsgarden mit weitreichenden Sanktionen der Europäischen Union belegt.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung berufen sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, ihre französische Kollegin Catherine Colonna und der Brite James Cleverly in dem Schreiben darauf, dass Iran seit mehr als drei Jahren gegen seine Verpflichtungen aus dem Abkommen verstößt, das dem Nuklearprogramm enge Grenzen setzt. Iran halte weder die Beschränkungen für die Menge von angereichertem Uran ein noch für den Grad der Anreicherung und entwickle neue Zentrifugen.

Die Atominspektoren haben besorgniserregende Funde gemacht

Als besonders besorgniserregend bezeichnen die Minister, dass die Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Partikel gefunden haben, die auf mehr als 83 Prozent des spaltbaren Isotops Uran 235 angereichert waren - für die Verwendung in Atomwaffen gelten 90 Prozent als nötig. Die Reaktion auf die iranischen Verstöße sei "ernst, aber angemessen", heißt es weiter. Iran habe zwei bereits ausgehandelte Angebote ausgeschlagen, mit denen alle Parteien in das Abkommen zurückgekehrt wären.

Die USA hatten sich unter Präsident Donald Trump im Mai 2018 aus der Vereinbarung zurückgezogen und verhängten unilaterale Sanktionen gegen das Regime in Teheran. Daraufhin rückte auch Iran immer weiter ab von der Einhaltung.

Die Entscheidung kommt wenige Tage vor Beginn der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York. Dort wollten die drei europäischen Staaten und die USA die Aussichten für neue Verhandlungen mit der Regierung des Hardliners Ebrahim Raisi ausloten. Dem Vernehmen nach soll es ein Treffen der Europäer mit dem iranischen Atomunterhändler Ali Bagheri Kani geben. Die Aussicht auf Fortschritte im Atomdossier bewerten hochrangige Diplomaten zurückhaltend.

Mit den USA hatte Iran jüngst einen Gefangenenaustausch vereinbart, der kurz vor der Umsetzung steht. Um fünf US-Staatsangehörige freizubekommen, hat die Regierung von Präsident Joe Biden mehr als sechs Milliarden Dollar aus Ölgeschäften freigegeben, die auf Konten in Südkorea eingefroren waren. Das Geld soll über Katar, das vermittelt hatte, fließen und ausschließlich für humanitäre Zwecke bereitstehen. Damit würden sich die Aussichten auf Fortschritte bei anderen Streitfragen verbessern.

Diplomaten werfen Iran systematische Geiselnahmen vor

Im Frühjahr noch waren die Spannungen gefährlich gewachsen. Die USA hatten Iran zu verstehen gegeben, dass sie weitere Angriffe auf US-Einrichtungen im Nahen Osten durch von Teheran gesteuerte Milizen oder Attacken auf Schiffe in der Straße von Hormus nicht mehr hinnehmen würden, und verstärkten ihre Truppen in der Golfregion. Die Europäer drohten zudem mit weitreichenden Konsequenzen, sollte das Regime den Atomstreit eskalieren. Sie warnten Teheran davor, den Anreicherungsgrad auf waffenfähiges Niveau zu heben . Oman vermittelte in dieser Frage. Iran hat zuletzt laut der IAEA die Produktion von auf 60 Prozent angereichertem Uran zwar verlangsamt, aber nicht gestoppt. Bei der Zusammenarbeit mit der IAEA gab es hingegen keine Verbesserungen.

Zudem werfen westliche Diplomaten Iran vor, weiter systematisch Ausländer und Doppelstaater unter Vorwänden zu verhaften und als Geiseln zu halten; zuletzt wurde der Fall eines schwedischen EU-Diplomaten bekannt. Diese Fälle stehen einer Annäherung entgegen. Baerbock forderte von Irans Außenminister Hossein Amir-Abdollahian, zwei deutsche Doppelstaater freizulassen, die dort in Haft sitzen. Wie das Auswärtige Amt mitteilte, telefonierte sie am Mittwoch während ihrer USA-Reise mit ihrem iranischen Kollegen; das erste Mal seit einem Treffen im Februar 2022 bei der Sicherheitskonferenz in München. "Es war ein offenes, aber es war auch ein sehr direktes und ein klares Gespräch", sagte Baerbock, ohne Details zu nennen.

Die deutsch-iranische Architektin Nahid Taghavi war im Oktober 2020 von den Revolutionsgarden verhaftet worden. Taghavi hatte sich für Frauenrechte eingesetzt; offiziell verurteilte die Justiz des Regimes sie wegen "Propaganda gegen den Staat" - ein schwammiger Tatbestand, der regelmäßig gegen Kritiker zur Anwendung kommt. Der Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd war 2020 vom iranischen Geheimdienst von Dubai aus nach Iran verschleppt und von einem Revolutionsgericht wegen Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt worden. Er gehört einer monarchistischen Gruppe an, bestreitet aber, für einen Anschlag in Iran verantwortlich zu sein, den ihm das Regime zur Last legt. Das Oberste Gericht hat das Todesurteil bestätigt; die Bundesregierung versucht, eine Vollstreckung zu verhindern.

Der Todestag von Jina Mahsa Amini kann zu Unruhen führen

Iran hat signalisiert, an einer Verbesserung der Beziehungen zu Deutschland interessiert zu sein. Fortschritte in den Konsularfällen gelten der Bundesregierung aber als notwendiger erster Schritt. Auch dürfte die Menschenrechtslage in Iran eine Rolle spielen. Am 16. September jährt sich der Tod von Jina Mahsa Amini, die auf einer Polizeistation in Teheran so schwer misshandelt worden war, dass sie starb. Die Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie ihr Kopftuch angeblich nicht vorschriftsgemäß trug.

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Der Tod der 22-Jährigen löste in Iran landesweite Proteste aus, die das Regime mit Gewalt niedergeschlagen hat. Zum Jahrestag könnten neue Proteste das Hardliner-Regime herausfordern, das die Kopftuchvorschriften und deren Überwachung jüngst nochmals verschärfte. Baerbock hatte im UN-Menschenrechtsrat eine Mehrheit organisiert, um einen Sonderberichterstatter einzusetzen, der Menschenrechtsverletzungen vor allem gegen Frauen und Minderjährige im Zuge der Niederschlagung der Proteste dokumentieren soll. Teheran war darüber sehr verärgert und attackierte die Bundesregierung und Baerbock persönlich scharf.

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