Sachsen-Anhalt:Verteidiger im Halle-Prozess fordert "gerechtes Urteil"

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Das OLG Sachsen-Anhalt mit Sitz in Naumburg verhandelt im Landgericht Magdeburg die Strafsache gegen den Halle Attentäter Stephan B. (Foto: ArcheoPix via www.imago-images.de/imago images/Christian Grube)

Den Opfern und deren Angehörigen spricht der Anwalt sein "tiefstes Mitgefühl" aus. Der Angriff auf die Synagoge sei jedoch nicht als versuchter Mord zu werten.

Im Verfahren um den rechtsterroristischen Anschlag von Halle hat die Verteidigung das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg zu einem "gerechten Urteil" aufgerufen. Ein bestimmtes Strafmaß forderte Verteidiger Hans-Dieter Weber in seinem Plädoyer nicht. Der Anwalt räumte ein, dass die tödlichen Schüsse des Attentäters auf Jana L. und Kevin S. den Tatbestand des Mordes erfüllen.

Der Angriff auf die Synagoge sei jedoch, anders als von der Bundesanwaltschaft gefordert, nicht als versuchter Mord zu werten. Der Angeklagte sei von seinem Versuch, die Synagoge zu stürmen, von sich aus zurückgetreten, sagte Weber. Außerdem habe das psychiatrische Gutachten ergeben, dass der Angeklagte schwere psychische Probleme habe. Das mindere die Schuldfähigkeit. Der Gutachter hatte zwar Probleme beim Angeklagten festgestellt, ihn aber als voll schuldfähig beurteilt.

Attentäter von Halle
:Lebenslange Haft gefordert

Die Bundesanwaltschaft sieht besondere Schwere der Schuld für gegeben an. Folgt das Gericht ihr, würde der angeklagte Antisemit erst als alter Mann wieder in Freiheit kommen.

Von Annette Ramelsberger

Am 9. Oktober 2019 hatte Stephan B. versucht, 51 Menschen zu töten, die in der Synagoge von Halle den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur feierten. Er scheiterte an der massiven Tür, erschoss daraufhin die Passantin Jana L. und später in einem Döner-Imbiss Kevin S. Auf der anschließenden Flucht verletzte er weitere Menschen. Der Prozess läuft seit Juli vor dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg, aus Platzgründen findet er jedoch in Magdeburg statt.

Der 28-jährige Deutsche hat die Taten gestanden und mit antisemitischen, rassistischen und antifeministischen Verschwörungstheorien begründet. Die Bundesanwaltschaft fordert eine lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, die Nebenklage schloss sich der Forderung an. Das Urteil soll am 21. Dezember bekannt gegeben werden.

Weber leitete sein Plädoyer mit sehr persönlichen Worten ein. Das Mandat sei das schwierigste seiner Karriere gewesen. Der Anwalt würdigte zu Beginn seines Vortrags die Aussagen der Hinterbliebenen und Überlebenden des Anschlags. Vor allem die Aussage einer Rabbinerin, die in der Synagoge gewesen war, und des Vaters von Kevin S. habe ihn tief berührt. "Ihm, aber natürlich auch allen anderen Opfern und Angehörigen, gilt mein tiefstes Mitgefühl."

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