AfD-Vorsitzende:Zwei Plagiatesucher, ein Auftraggeber

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Die Doktorarbeit von Alice Weidel ist 2011 im Bayreuther Verlag PCO erschienen. (Foto: PCO/Screenshot/SZ)

Die Autoren des Gutachtens über die Doktorarbeit von Alice Weidel wollen anonym bleiben. Das kommt bei Plagiatsvorwürfen immer wieder vor.

Von Roland Preuß

Das Plagiatsgutachten zur Doktorarbeit von Alice Weidel geht offenbar nicht zurück auf die Sehnsucht, wissenschaftliche Redlichkeit durchzusetzen. Es ist nach Angaben des federführenden Gutachters eine Auftragsarbeit, für die er bezahlt wurde. Dieser Auftrag dürfte nicht das Ziel gehabt haben, Weidel vorsorglich vor aller möglichen Kritik an ihrer Dissertation zu schützen, sondern ihr zu schaden. Wer der Auftraggeber ist, ist der SZ nicht bekannt.

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Dessen mutmaßliche Motivlage ändert allerdings nichts an den Ergebnissen der Untersuchung und der Frage nach möglichen Plagiaten in Weidels Arbeit, denen jetzt die Universität Bayreuth nachgeht. Auch andere juristische Verfahren haben häufig den Ausgangspunkt in Hinweisen aus nicht immer edlen Motiven. Die verfeindeten Nachbarn etwa, die einen Schwarzbau anzeigen, oder der Ex-Partner, der ein Steuervergehen meldet. Die Behörden gehen den Vorwürfen trotzdem nach, wenn sie begründet sind.

Dennoch gibt es ein paar erklärungsbedürftige Umstände. Die beiden Gutachter bestehen darauf, anonym zu bleiben, weil sie fürchten, dass sie und ihr persönliches Umfeld nach Veröffentlichung Ziel von Drohungen und Gewalt werden könnten. Immerhin legen sie sich mit der Vorsitzenden einer in Teilen rechtsradikalen Partei an. Die Autoren sind der SZ namentlich bekannt, der federführende Autor hat zudem bei früheren prominenten Plagiatsfällen mitgewirkt. Auch die Universität weiß nach SZ-Informationen, wer die Untersuchung eingereicht hat.

Auf Vroniplag Wiki ist Anonymität üblich

Anonyme Vorwürfe sind in Plagiatsverfahren nicht ungewöhnlich. Auf der Internetplattform Vroniplag Wiki, auf der zahlreiche Plagiate aufgedeckt wurden, etwa in der Doktorarbeit der damaligen Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, ist die Anonymität Arbeitsgrundlage. Auch das Plagiatsverfahren gegen den damaligen niedersächsischen Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) geht auf anonyme Vorwürfe zurück. Die Untersuchungskommission der Universität Potsdam prüfte trotzdem. Sie stellte im Jahr 2011 zwar "Mängel von erheblichem Gewicht" in seiner Doktorarbeit fest, sie sah diese aber nicht als ausreichend an, um ihm den Doktorgrad abzuerkennen. Althusmann rückte später zum CDU-Landesvorsitzenden auf.

Den Auftraggeber des Weidel-Gutachtens möchte der federführende Autor nicht nennen. "Ich kenne den Auftraggeber. Ich nehme für mich in Anspruch, unabhängig vom Auftraggeber zu einem wissenschaftlichen Urteil zu gelangen", sagt er. Denkbar wären politische Gegner aus anderen Parteien oder aus der eigenen Partei, vielleicht auch ausländische Agenten, es kommen viele infrage. "Einen Geheimdienst als Auftraggeber kann ich im Fall Weidel nach allem, was ich weiß, ausschließen", sagt der federführende Autor.

Ein von Weidel beauftragter Anwalt forderte die SZ am Freitag auf, die Verfasser des Gutachtens mitzuteilen, was die SZ aufgrund des Schutzes ihrer Quellen ablehnt. Fest steht: Ein solches Gutachten kostet Tausende Euro, mitunter ist ein fünfstelliger Betrag fällig. Üblicherweise überprüft ein Plagiatssucher die Dissertation mit speziell dafür entwickelter Software, welche den Text mit Datenbanken und Internetquellen abgleicht. In einem weiteren Schritt beschafft er sich mutmaßliche Originalquellen und gleicht diese mit der Doktorarbeit ab. Häufig sind die Originalquellen schwierig zu bekommen, weil es sich um ältere Werke handelt, die nicht mehr in allen Universitätsbibliotheken stehen. Das macht eine Untersuchung mitunter aufwendig. Geprüft wird auch, ob alle Quellen im Literaturverzeichnis genannt werden.

Nachdem die SZ eine Kopie des Gutachtens erhalten hatte, versuchte sie auf ähnliche Weise, die Vorwürfe stichprobenartig nachzuvollziehen, mithilfe von Plagiatssoftware und durch einen Abgleich mit mutmaßlichen Originalquellen. Mit einer Ausnahme konnte die SZ die übereinstimmenden Passagen in Dissertation und Originalquelle auffinden.

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