Treffen in Bogotá:Guaidós gefährliches Spiel

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  • US-Vize Mike Pence verkündet Sanktionen gegen vier Gouverneure, die Venezuelas Machthaber Maduro nahestehen und in die Blockaden der Hilfstransporte am Wochenende involviert waren.
  • Das Lager um den selbsternannten Interimspräsidenten Guaidó forderte anlässlich eines Treffens mit Unterstützern in Bogotá, eine Militärintervention in Betracht zu ziehen.
  • Diese aber könnte schlimme Folgen haben und ein altes lateinamerikanisches Trauma wiederaufleben lassen.

Von Benedikt Peters, München

Nach dem Scheitern von Hilfstransporten nach Venezuela versuchen die USA und die Opposition des Landes, den Druck auf Machthaber Nicolás Maduro zu erhöhen. "Es ist Zeit für ein freies und demokratisches Venezuela", twitterte US-Vizepräsident Mike Pence, ehe er nach Kolumbien abflog. Dort gab er dann bekannt, die US-Regierung habe Sanktionen gegen vier venezolanische Gouverneure verhängt, welche die US-Regierung zum Teil für die Gewalt am Wochenende verantwortlich macht.

In der Hauptstadt Bogotá war ein Treffen mit Maduros Herausforderer Juan Guaidó und den Außenministern der "Lima-Gruppe" geplant. Ihr gehören lateinamerikanische Staaten an, die überwiegend Guaidó unterstützen und Maduros Rücktritt fordern. Die venezolanische Opposition werde der Gruppe nun offiziell beitreten, hieß es.

Krise in Venezuela
:Konfrontation an der Grenze

Gegen den Widerstand von Präsident Maduro passieren die ersten Hilfslieferung die Grenzen zu Venezuela. Während das Militär noch mit Tränengas gegen Demonstranten vorgeht, desertieren anderswo die ersten Soldaten.

Die Chancen auf einen schnellen, unblutigen Machtwechsel in Venezuela sind seit dem Wochenende deutlich gesunken. Guaidó hatte versucht, mit Tausenden Freiwilligen Nahrung und Medikamente in das Land zu bringen. Damit wollte der 35-jährige, selbsternannte Interimspräsident nicht nur den Not leidenden Venezolanern helfen, sondern auch den Machtkampf in Caracas für sich entscheiden.

LKWs mit Hilfslieferungen gingen in Flammen auf

Sein Kalkül, dass die Armee den Blockade-Befehl Maduros verweigern und in großen Teilen zu ihm überlaufen würde, ging aber nicht auf. Die Soldaten stellten sich den Transporten in den Weg, nach UN-Angaben gab es mindestens vier Tote und mehr als 300 Verletzte. Die Fracht zweier Lkw, die es über die Grenze geschafft hatten, ging in Flammen auf. Noch wird darüber gestritten, wer dafür verantwortlich ist.

Beobachter befürchten nun eine weitere Eskalation. Guaidó, der von mehr als 50 Staaten als legitimer Übergangspräsident anerkannt wird, rief auf, "alle Optionen offenzuhalten". Dies ist eine Anspielung auf US-Präsident Donald Trump, der mit einer ähnlichen Wortwahl mehrfach einen Einmarsch in Venezuela ins Spiel gebracht hatte. Guaidós Botschafter bei der Lima-Gruppe, Julio Borges, erklärte vor dem Treffen, er werde "die Anwendung von Gewalt gegen Nicolás Maduros Diktatur" fordern.

Ob es wirklich dazu kommen könnte, ist allerdings fraglich, nicht nur, weil Interventionen der USA in Lateinamerika wegen vieler abschreckender Beispiele aus der Vergangenheit sehr kritisch gesehen werden. Auch die US-Bevölkerung sieht solche Operationen spätestens seit dem zweiten Irak-Krieg skeptisch, und 2020 stehen die nächsten Präsidentschaftswahlen an.

Eine US-Invasion in Venezuela hätte unabsehbare Folgen, schon weil die Lage im Grenzgebiet zu Kolumbien äußerst instabil ist. Dort operiert unter anderem die linke Guerilla ELN; Friedensverhandlungen zwischen ihr und dem kolumbianischen Staat sind kürzlich gescheitert. Die Führung der etwa 2000 Kämpfer starken Gruppe hat angekündigt, im Falle einer Invasion Maduro zu unterstützen. Auch in China und Russland hat Maduro gewichtige Verbündete, die angesichts der Ölreserven in Venezuela viel zu verlieren hätten.

Die EU, deren Mitgliedsstaaten fast alle Guaidó unterstützen, sprach sich gegen eine Invasion aus. "Eine militärische Intervention muss vermieden werden", sagte Federica Mogherini. Die EU-Außenbeauftragte hatte eine "Kontaktgruppe" gegründet, die mit neutralen Staaten wie Uruguay und Mexiko eine friedliche Lösung der Krise durch Neuwahlen erreichen will. Bisher hatte sie jedoch keinen Erfolg. In der unübersichtlichen Lage steht nur fest, dass das Leiden der Bevölkerung Venezuelas weitergeht.

© SZ vom 26.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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