Seit das britische Sicherheitskabinett am Donnerstag beschlossen hatte, sich - sollte es dazu kommen - an einem Militärschlag in Syrien zu beteiligen, gehen die Wellen hoch in Großbritannien. Die Opposition wirft der Premierministerin vor, auf Befehl von US-Präsident Donald Trump zu handeln. Und die Russen werfen den Briten vor, keine Beweise für ihr Vorgehen zu haben.
Ja, die russische Armee wirft Großbritannien eine "direkte Beteiligung" an dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien vor. London habe bei der Inszenierung des mutmaßlichen Giftgasangriffs "starken Druck" auf die Zivilschutzorganisation der Weißhelme ausgeübt.
Die britische UN-Botschafterin nannte die Vorwürfe eine "eklatante Lüge".
Das Kabinett unter Führung von Theresa May hatte bestätigt, es sei "sehr wahrscheinlich", dass Assad hinter der jüngsten Giftgasattacke stecke, daher sei es wichtig, jetzt zu handeln. Das bedeute aber noch nicht, dass auch tatsächlich militärisch eingegriffen werde.
Die britische Entscheidung rief am Freitag in London den russischen Botschafter auf den Plan, einen der wortgewaltigsten Vertreter unter den russischen Diplomaten, der regelmäßig, so auch in der Causa Skripal für seine Regierung spricht. Alexander Jakowenko deutete an, dass es womöglich britisch gestützte Kräfte gewesen sein könnten, die einen Chemiegasangriff vorspiegelten. So habe die unter anderem vom Königreich finanzierte Hilfsorganisation "Weißhelme in Syrien" eine "Vorgeschichte in der Fälschung" solcher Attacken. Russische Soldaten seien in den vergangenen Tagen in Douma gewesen und hätten keine Chemiewaffenopfer angetroffen.
In einem Statement der russischen Botschaft in London heißt es außerdem, es gebe, allen Behauptungen von Großbritannien und Frankreich zum Trotz, keine Belege für die aktuellen Giftgas-Vorwürfe gegen Assad. Man warte jetzt ab, ob die Chemiewaffenexperten von der OPCW Beweise fänden. An diesem Samstag beginnen sie mit der Arbeit. Moskau sei bereit, zur Aufklärung beizutragen. Dass der Kreml im Fall des Nervengiftanschlags in Salisbury die Untersuchung der OPCW anzweifelt, im Falle des syrischen Einsatzes aber einfordert, begründete Jakowenko damit, dass die OPCW in Großbritannien intransparent agiert habe.
Im syrischen Douma müsse das verhindert werden. Wie verhärtet die Fronten zwischen Moskau und Washington sind, zeigen die Sanktionen, mit denen sich Moskau und Washington gerade überziehen. In Russland beriet das Parlament am Freitag über eine Antwort auf die vor einer Woche verhängten US-Sanktionen gegen 24 Geschäftsleute und Politiker aus Russland sowie gegen etwa ein Dutzend Firmen. Erwogen wird unter anderem ein Importverbot für Lebensmittel, Alkohol und Tabak aus den USA sowie für Medikamente, die auch in Russland hergestellt werden können. Die Zusammenarbeit in der Atomindustrie, beim Flugzeugbau und in der Raumfahrt soll überdacht werden. Ausländer sollen von Ausschreibungen und Privatisierungen ausgeschlossen, ausländische Rating-Agenturen verboten werden.
Die Initiative für das Gesetz kam vom Duma-Vorsitzenden Wjatscheslaw Wolodin. Als Begründung nannte er das "rüpelhafte Benehmen der USA", die der russischen Wirtschaft Steine in den Weg legten. Das US-Finanzministerium hatte seine Maßnahmen seinerseits mit "boshaften Aktivitäten" der Russen begründet.
Im Vergleich zur Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten ist das Handelsvolumen zwischen Russland und den USA nicht besonders groß. Zudem erzielen die Russen noch einen Überschuss: Im vergangenen Jahr verkauften sie Waren und Dienstleistungen im Wert von 17 Milliarden Dollar in die USA, kauften dort aber für nur knapp sieben Milliarden ein. Im gleichen Zeitraum entfielen 42 Prozent des russischen Außenhandels auf EU-Staaten. Die USA stehen unter den Handelspartnern mit vier Prozent an sechster Stelle. Mit Deutschland allein hat Russland einen doppelt so großen Warenumsatz wie mit den Vereinigten Staaten. Laut Wolodin richtet sich der Gesetzentwurf nicht nur gegen die USA sondern auch gegen andere Staaten, "die die Maßnahmen der USA gegen unser Land unterstützen".