Gewalt in Ägypten:Dutzende Menschen sterben bei Protesten der Muslimbrüder

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Erneut erschüttern Unruhen Ägypten: Mehr als 50 Menschen sterben bei Zusammenstößen zwischen Islamisten und Sicherheitskräften, mehr als 200 Personen werden verletzt. Anhänger der Muslimbrüder verprügeln in Kairo eine bekannte TV-Journalistin.

Bei den landesweiten Protesten der Muslimbrüder gegen Regierung und Militär in Ägypten sind am Sonntag mindestens 53 Menschen getötet worden. Das berichten staatliche Medien unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Mehr als 270 Menschen seien zudem verletzt worden.

Nach Angaben des Innenministeriums starben die meisten Menschen in der Hauptstadt Kairo und in Vororten. Mehrere Hundert Demonstranten seien festgenommen worden, hieß es weiter. Die Kämpfe brachen aus, als Anhänger und Gegner des vom Militär gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi auf die Straßen gingen. Die meisten Toten hätten Schussverletzungen gehabt, hieß es. Die Auseinandersetzungen dauern bereits seit Freitag an.

In Kairo ignorierten Tausende Anhänger der Muslimbrüder Warnungen der Regierung und demonstrierten für Mursi. Sie marschierten in Richtung des Tahrir-Platz, auf dem sich Regierungsanhänger zum Gedenken an den Jahrestag des Angriffs auf Israel 1973 versammelten. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Muslimbrüder vom Platz fernzuhalten.

Die Regierung hatte erklärt, jeder, der während der Gedenkveranstaltung gegen die Armee auf die Straße gehe, werde als Agent feindlicher Mächte und nicht als Demonstrant angesehen. Auch in anderen Städten wie Alexandria, Suez und Aswan kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Mursi-Anhängern und -Gegnern.

Mursi-Anhänger verprügeln bekannte Fernsehjournalistin

Islamistische Demonstranten griffen in Kairo eine bekannte Fernsehmoderatorin an. Nach Angaben von Aktivisten wurde die Journalistin Buthaina Kamel verprügelt. Außerdem wurde ihr Auto von Mursi-Anhängern schwer beschädigt. Kamel hatte 2012 als einzige Frau versucht, für das Präsidentenamt zu kandidieren. Sie gehört zu den Mitbegründern der Bewegung "Schayfeenkom", die schon unter dem 2011 entmachteten Präsidenten Hosni Mubarak gegen Wahlfälschung gekämpft hatte. Sie ist eine erklärte Gegnerin der Muslimbruderschaft.

Bereits am Freitag war der TV-Journalist und Sprecher der Verfassungspartei, Chalid Dawud, in der Kairoer Innenstadt in seinem Auto von einem Messerstecher attackiert worden. Bei den Angreifern soll es sich ebenfalls um Anhänger der Muslimbruderschaft handeln. Dawud, ein ehemaliger Mitarbeiter der Nachrichtenagentur dpa und des Fernsehsenders Al Jazeera, erlitt mehrere nicht lebensgefährliche Stichverletzungen. Die Ägyptische Organisation für Menschenrechte verurteilte die Attacke und beklagte gleichzeitig das aktuelle aggressive politische Klima.

Das Militär hatte am 3. Juli den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi und seine Regierung abgesetzt. Seitdem sehen sich die Muslimbrüder starkem Druck durch die Regierung ausgesetzt. Hunderte Anhänger wurden in diesem Sommer bei Ausschreitungen getötet, ihre Anführer sitzen im Gefängnis. Die Bewegung ist seit knapp zwei Wochen faktisch verboten. Ein Gericht untersagte den Islamisten jedwede Tätigkeit und ordnete die Beschlagnahme ihres Geldes an. Hunderte Muslimbrüder wurden inhaftiert. Seitdem gibt es erneut schwere Unruhen in Ägypten.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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