Georgien:Viele Festnahmen bei Protest gegen "russisches Gesetz"

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Tiflis: Protest gegen das "russische Gesetz". (Foto: Zurab Tsertsvadze/dpa)

Eigentlich strebt die Ex-Sowjetrepublik in die EU. Doch die Regierung drückt in zweiter Lesung ein äußerst umstrittenes Gesetz durch - gegen den Widerstand von Zehntausenden auf den Straßen von Tiflis.

Überschattet von schweren, gewalttätigen Protesten hat das Parlament in Georgien im Südkaukasus in zweiter Lesung ein umstrittenes Gesetz zur verschärften Kontrolle von Nichtregierungsorganisationen angenommen. Zehntausende sind dagegen am Mittwochabend erneut auf die Straße gegangen. Die Polizei setzte Wasserwerfer, Tränengas und Gummigeschosse gegen die Demonstranten ein. Es habe mehrere Verletzte gegeben, darunter sechs Polizisten. 63 Personen wurden laut Innenministerium festgenommen.

Das Innenministerium begründete das harte Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten damit, dass diese versucht hätten, die Türen des Parlaments aufzubrechen. Zur Wiederherstellung der Ordnung hätten die Beamten unter anderem Pfefferspray und Wasserwerfer eingesetzt, teilte das Ministerium mit. Schon in den vergangenen Tagen war es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Protestierenden gekommen.

Im Parlament wird nicht nur mit Worten gestritten

Auch im Parlament kam es wieder zu lautstarken und teils handgreiflichen Auseinandersetzungen, wie im Fernsehen zu sehen war. Ein Abgeordneter aus dem Regierungslager warf im Plenarsaal ein Buch auf Abgeordnete der Opposition, während andere schrien und Kontrahenten körperlich angingen.

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Das Gesetz soll den angeblichen Einfluss des Auslands auf die Zivilgesellschaft im EU-Beitrittskandidatenland Georgien beschränken. Für die umstrittene Gesetzesinitiative stimmten 83 der insgesamt 150 Abgeordneten des Parlaments. 23 votierten dagegen. Für die Annahme des Gesetzes sind drei Lesungen notwendig. Regierungschef Irakli Kobachidse hat bereits angekündigt, die dritte Lesung trotz der anhaltenden Proteste in zwei Wochen abzuhalten. Weitere zwei Wochen später werde das Parlament dann das zu erwartende Veto von Präsidentin Salome Surabischwili gegen das Gesetz überstimmen, sagte er bei einer Pressekonferenz.

Das geplante Gesetz fordert, dass Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20 Prozent Geld aus dem Ausland erhalten, über die Herkunft Rechenschaft ablegen müssen. Viele Projekte zur Demokratieförderung in der Ex-Sowjetrepublik arbeiten mit Geld aus EU-Staaten oder den USA. Die Regierungspartei Georgischer Traum spricht von größerer Transparenz. Kritiker erwarten, das Gesetz werde wie in Russland missbraucht werden, um Geldflüsse zu stoppen und prowestliche Kräfte zu verfolgen.

"Georgien steht an einem Scheideweg", sagt EU-Kommissionschefin von der Leyen

Die seit 2012 regierende Partei Georgischer Traum tritt vor der Parlamentswahl im Herbst zunehmend autoritär auf. Die proeuropäischen Demonstranten befürchten, dass dieser Kurs den erhofften Beitritt zur EU gefährdet. Die Regierungspartei will nach eigenen Angaben mit dem Gesetz für mehr Transparenz sorgen, das Ausmaß ausländischer Einflussnahme stärker kontrollieren und aus dem Ausland aufgezwungene "pseudoliberale Werte" bekämpfen.

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Von Frank Nienhuysen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerte sich angesichts der erneuten Eskalation besorgt. "Ich verfolge die Lage in Georgien mit großer Sorge und verurteile die Gewalt auf den Straßen von Tiflis", schrieb sie bei X. "Georgien steht an einem Scheideweg. Es sollte seinen Weg nach Europa konsequent fortsetzen."

"Georgien ist EU-Beitrittskandidat - ich appelliere an die Behörden, das Recht auf eine friedliche Versammlung zu gewährleisten", schrieb der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bei X. Der Einsatz von Gewalt zur Unterdrückung der Versammlungsfreiheit sei inakzeptabel.

Die ehemalige Sowjetrepublik im Südkaukasus mit seinen 3,7 Millionen Einwohnern ist seit Dezember 2023 EU-Beitrittskandidat und pflegt zugleich enge Beziehungen zu Russland. Die Bundesrepublik sowie auch die USA und Großbritannien riefen die Regierung dazu auf, ihre Pläne für das Gesetz fallenzulassen.

Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf X, dass Georgiens EU-Kandidatenstatus eine historische Chance sei, die von Zehntausenden Menschen auf den Straßen getragen werde. "Ihr Fundament ist eine demokratische, lebendige und kritische Zivilgesellschaft. Es ist an der Regierung, den Weg in die Zukunft nicht mutwillig zu verbauen."

© SZ/dpa/Reuters/lala - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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