Bundeswehr:In Flecktarn-Uniform in der Ukraine

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Gruppenbild mit Herren in Olivgrün: Generalinspekteur Carsten Breuer (re.) zeigt sich neben dem ukrainischen Verteidigungsminister Oleksij Resnikow (2. v. re.) und der deutschen Botschafterin Anka Feldhusen in Kiew. (Foto: Twitter@oleksiireznikov)

Deutschlands ranghöchster Soldat zeigt sich öffentlich uniformiert an der Seite ukrainischer Militärs in Kiew. Die Bilder kommen in Berlin nicht überall gut an - und sind für die Linke eine Provokation.

Von Georg Ismar, Berlin

Es sind ungewöhnliche, fast schon historische - und für einige umstrittene Aufnahmen, die die Zeitenwende markieren. Die Fotos zeigen den neuen Generalinspekteur Carsten Breuer bei seinem hierzulande bisher allenfalls als Randnotiz vermerkten Besuch vor einer Woche in Kiew. In Flecktarn-Uniform ist der höchstrangige deutsche Soldat darauf zu sehen - im Kriegsgebiet, an der Seite des ukrainischen Verteidigungsministers Oleksij Resnikow und führender ukrainischer Militärs, ebenfalls in Uniform.

In der Bundeswehr kommen die Bilder, die Breuer von sich machen ließ, nicht überall gut an. So rücke man immer stärker in eine auch öffentlich sichtbare Rolle als Kriegspartei, ist von Soldaten zu hören. Zwar gab es schon zu Zeiten Preußens Militärs, die in fremden Kriegsgebieten uniformiert auftauchten und Informationen sammelten. Aber aufgrund der besonderen deutschen Geschichte im Zusammenhang mit der Ukraine und Russland war die Bundesregierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) lange penibel darauf bedacht, klare Grenzen zu ziehen.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärt auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, der Besuch sei auf offizielle Einladung seines ukrainischen Amtskollegen, Generalleutnants Walerij Saluschnyj, zustande gekommen: "Als Soldat trug General Breuer, wie alle militärischen Angehörigen seiner Delegation, während seines offiziellen Besuches Uniform."

Noch im vergangenen Jahr hatte etwa Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) die Zäsur betont, sollten knapp 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs deutsche Kampfpanzer wieder gegen Russland zum Einsatz kommen. Schließlich entschied man sich aber auch hier zu einem klaren Kurs an der Seite der Ukraine. In dem Kontext ist nun auch das öffentlich gewordene Breuer-Bild zu sehen - man versteckt die Unterstützung auf vielen Ebenen weniger.

"Die Ukraine kämpft für uns alle", sagt Breuer

So hat Deutschland auch Kampfpanzer an die Ukraine geliefert. Doch über Breuers Kiewer Kleidungswahl sind auch im Bundestag nicht alle glücklich. "Der Auftritt in Uniform ist inakzeptabel", sagt Ali Al-Dailami, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und verteidigungspolitischer Sprecher der Linken im Bundestag, der SZ. Die Symbolik widerspreche den Beteuerungen der Bundesregierung, dass Deutschland weder Kriegspartei sei noch werde, so Al-Dailami: "Dieser Fehltritt des ranghöchsten Soldaten der Bundeswehr war unnötig provokativ und trägt nicht zur Deeskalation bei."

Publik geworden sind die Bilder durch eine Twitter-Nachricht Resnikows - im Ministerium hätte man darauf verzichten können. "Von Deutschland hergestellte Waffen haben Tausenden Ukrainern das Leben gerettet und ich bin Deutschland für die Hilfe dankbar", schrieb der ukrainische Verteidigungsminister zu den Fotos. Breuer kündigte an, die Unterstützung der "tapferen ukrainischen Streitkräfte im Kampf gegen den russischen Aggressor steht für uns an vorderer Stelle". Die Ukraine "kämpft für uns alle", das rechtfertige nach der Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern, Panzerhaubitzen und Patriot-Flugabwehrsystemen auch Engpässe bei der Bundeswehr.

Die ukrainische Seite geht gern offensiv mit solchen Besuchen um, ein Adressat ist immer auch Moskau. Die Bundesregierung ist dagegen sehr darauf bedacht, keine Vorlagen für die russische Propaganda zu liefern. Auf einem Gruppenbild sind auch die deutsche Botschafterin Anka Feldhusen und der Leiter des Ukraine-Sonderstabs, Brigadegeneral Christian Freuding, der künftig Pistorius' neuen Planungs- und Führungsstab leiten wird, zu sehen. Freuding war zuvor schon oft in der Ukraine, vermied aber öffentliche Auftritte in Uniform und war in der Regel in ziviler Kleidung unterwegs. Auf dem Bild trägt auch er Uniform. Von Breuers Vorgänger als Generalinspekteur, Eberhard Zorn, gibt es solche Aufnahmen nicht, er ist nicht in die Ukraine gereist.

Der Auftritt in Uniform "macht uns nicht zur Kriegspartei", sagt Roderich Kiesewetter

In Berlin wurde lange viel Wert auf öffentliche Distanz gelegt, eben wegen der heiklen Frage, wann man sichtbar als Kriegspartei wahrgenommen werden könnte. Doch seit Boris Pistorius (SPD) Verteidigungsminister ist, haben sich Ton und Auftreten geändert. Pistorius sagt anders als der Kanzler auch deutlich, die Ukraine müsse siegen, wie immer auch ein Sieg definiert werden mag. Und er macht klar, dass die Bundesrepublik die Ukrainer umfassend unterstützen werde, solange es notwendig ist. Im Ministerium verweisen sie darauf, dass auch andere Nato-Partner wie Großbritannien ihre ranghöchsten Militärs nach Kiew geschickt haben, ebenfalls in Uniform. Dem Vernehmen nach ist der Besuch Breuers auch zuvor rechtlich eingehend geprüft worden.

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Der CDU-Verteidigungspolitiker und Oberst a.D., Roderich Kiesewetter, verteidigt den Auftritt Breuers in Uniform. "Das macht uns nicht zur Kriegspartei. Vielmehr sollten wir stolz sein, dass Deutschland die Ukraine in ihrem Verteidigungskampf unterstützt und die Bundeswehr auch bei der Ausbildung ukrainischer Soldaten einen wesentlichen Beitrag leistet", sagte er der SZ. "Wir positionieren uns deutlich auf der Seite der Ukraine, die völkerrechtswidrig von Russland angegriffen wird. Wir positionieren uns somit auf der Seite des Rechts." Dazu sollte man als Verteidiger der internationalen Ordnung auch öffentlich stehen: "Sie sind dort im Dienst für die Sicherheit Deutschlands und nicht als Privatperson."

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