Gauck zum Bundespräsidenten gewählt:"Was für ein schöner Sonntag"

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Diesmal ging alles ganz schnell: Im ersten Wahlgang erhielt Joachim Gauck 991 Stimmen der Bundesversammlung und wurde damit zum elften Präsidenten der Bundesrepublik Deutschlands gewählt. Mit "unendlicher Dankbarkeit" nahm der frühere DDR-Bürgerrechtler die Wahl an.

Joachim Gauck ist neuer Bundespräsident. Die 15. Bundesversammlung hat den früheren Pastor und DDR-Bürgerrechtler zum elften Staatsoberhaupt der Bundesrepublik gewählt. Gauck erhielt 991 der 1028 gültigen Stimmen. Das sind etwa 80 Prozent - und 109 Stimmen weniger, als Gaucks breite Unterstützerkoalition rein rechnerisch auf sich hätte vereinigen können.

Wahl des Bundespräsidenten
:Erst entspannt, dann bewegt

Joachim Gauck ist neuer Bundespräsident. Vor der Wahl zeigte sich der ehemalige Bürgerrechtler entspannt: Erst gab er Autogramme, dann schlenderten er und seine Lebensgefährtin in den Reichstag zur Sitzung der Bundesversammlung. Nach der Wahl gab es Blumen von der Kanzlerin und eine bewegende Rede. Der Tag in Bildern.

"Was für ein schöner Sonntag", waren Gaucks erste Worte, als der frisch gekürte Bundespräsident im Reichstag ans Mikrofon trat. Er zeigte sich voller Demut und "unendlicher Dankbarkeit", sprach vom "Glück der Mitgestaltung" nach den "politischen Wüsten des 20. Jahrhunderts" in Deutschland. Er wies darauf hin, dass er selbst erst vor genau 22 Jahren zum ersten Mal seine Stimme bei einer demokratischen Wahl habe abgeben dürfen, bei der ersten freien Volkskammerwahl der DDR nämlich.

Der frühere Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde ist der erste Parteilose im höchsten Amt der Bundesrepublik. Er könne "ganz sicher nicht alle Erwartungen erfüllen", sagte der 72-Jährige in seiner Ansprache, von der er schon zuvor angekündigt hatte, dass sie kurz ausfallen werde. Er verspreche aber, sich mit allen Kräften einzusetzen.

Mit einer mit viel Applaus beachteten Rede hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert die 15. Bundesversammlung eröffnet, mit einer ironischen Spitze schloss er sie: Er könne nicht garantieren, dass das Büffett diesmal besser schmecke als vor zwei Jahren, sagte der CDU-Politiker. Aber diesmal sei es sicherlich frischer, sagte Lammert mit Blick auf die Bundespräsidentenwahl 2010, bei der Christian Wulff drei Wahlgänge gebraucht hatte.

Diesmal war bereits nach dem ersten Wahlgang alles klar. Für Gaucks Gegenkandidatin Beate Klarsfeld votierten 126 Delegierte. Damit erhielt die Kandidatin der Linkspartei, die als Nazi-Jägerin bekannt geworden war, mindestens drei Stimmen von Vertretern anderer Parteien - die sie unterstützende Linkspartei stellte nur 123 Delegierte. Der Kandidat der rechtsextremen NPD, der revisionistische Historiker Olaf Rose, bekam drei Stimmen. 108 Delegierte der Bundesversammlung enthielten sich.

"Er hat unglaublich hohe Erwartungen zu erfüllen"

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach der Wahl, Gauck sei ein Präsident, der Politiker als diejenigen, die auch viel Wichtiges im Staat tun, achte und schätze. Auf die Frage, ob Gauck den Politikern die Leviten lesen werde, sagte die CDU-Chefin im gemeinsamen Interview von ARD und ZDF: "Ich finde, das ist nicht die Kategorie." Sie ergänzte: "Wir sind doch alle erwachsene Menschen und es geht jetzt hier nicht um irgendwelche Erziehungsmethoden, sondern um Meinungsäußerungen." Merkel wertete die Tatsache, dass mit ihr und Gauck zwei ostdeutsche Protestanten an der Spitze der Staates stünden, als Zeichen dafür, dass die deutsche Vereinigung gelungen sei. "Trotzdem bleibt bei der deutschen Einheit ja noch einiges zu tun."

Überschwänglich reagierte FDP-Chef Phlipp Rösler auf die Wahl: "All die Hoffnungen, die wir in ihn gesetzt haben, hat er mit der ersten Rede schon erfüllt", sagte Rösler. Der SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel Berlin sagte: "Gauck wird mithelfen, die Kluft zwischen der etablierten Politik, Parteien und den Bürgern zu überwinden." Denn: "Er sieht, dass die Menschen sich immer weiter entfernen von demokratischen Institutionen." Grünen-Chefin Roth sagte der Augsburger Allgemeinen, auf Gauck werde immenser Druck lasten: "Er hat unglaublich hohe Erwartungen zu erfüllen, er muss dem Amt, das schwer beschädigt worden ist, wieder Würde und Respekt geben."

Am Montag wird Joachim Gauck die Amtsgeschäfte in Schloss Bellevue übernehmen, am kommenden Freitag soll er als elfter Präsident der Bundesrepublik vereidigt werden. Und auch das Bundespräsidialamt hat schon reagiert: Auch auf deren Homepage gibt es schon den Präsidenten Joachim Gauck.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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