Frauenanteil in der Union:Im Zweifel für die Männer

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"Auch die Kanzlerin hat uns immer sehr aufmerksam zugehört" - Anna Kreye lässt im CDU-Bundesvorstand notgedrungen einem Mann den Vortritt. (Foto: Gottfried Schwarz)

Der designierte Parteichef Friedrich Merz sagt, die CDU brauche mehr junge Frauen in Führungsrollen, aber die 27-jährige Anna Kreye zieht sich nach einem Jahr schon wieder aus dem Bundesvorstand zurück.

Von Boris Herrmann, Berlin

Die CDU möchte jünger und weiblicher werden. Das hat sie dem geneigten Publikum oft genug mitgeteilt. Zuletzt wieder um die Jahreswende, als der designierte Parteivorsitzende Friedrich Merz ankündigte, den CDU-Bundesvorstand "Schritt für Schritt" mit mehr jungen Frauen besetzen zu wollen. In dieser Hinsicht wird die Amtszeit von Merz Ende Januar aber erst einmal mit einem Rückschritt beginnen: Da scheidet nämlich die 27-jährige Anna Kreye nach nur einem Jahr schon wieder aus diesem Bundesvorstand aus. Und zwar nur bedingt freiwillig.

Kreye verkörpert ziemlich genau das, wonach die Strategieabteilung ihrer Partei jetzt Ausschau halten müsste: Sie ist zweifellos jung (zumal für CDU-Verhältnisse), sie hat im Vorstand trotzdem schon die unbezahlbare Erfahrung gemacht, wie es sich anfühlt, einem der sogenannten Parteigranden zu widersprechen, und sie ist als Vorsitzende der Jungen Union in Sachsen-Anhalt gerade in jener östlichen Himmelsrichtung gut vernetzt, wo die CDU noch Wählerpotenziale vermutet.

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Als Kreye im Januar 2021 in den Parteivorstand gewählt wurde, gemeinsam mit Wiebke Winter, 25, und Laura Hopmann, 32, da machten sich die drei nicht nur um eine stattliche Senkung des Altersdurchschnitts verdient. Sie wurden auch als Symbol dafür gefeiert, dass die Zukunft der CDU - entgegen eines weitläufigen Fehlurteils - längst begonnen habe.

Heute sagt Kreye: "Es war natürlich eine tolle Sache, dass wir da mit drei jungen Frauen im Bundesvorstand gesessen haben. Wir konnten auch an der einen oder anderen Stelle ein bisschen ein Stachel sein. Auch die Kanzlerin hat uns immer sehr aufmerksam zugehört." Dennoch hat sie jetzt im Gegensatz zu Hopmann und Winter beschlossen, auf dem Parteitag am 21. Januar nicht erneut für den Bundesvorstand zu kandidieren. "Leider geht es nun nach zwölf Monaten schon wieder zu Ende", sagt sie.

Ihre Enttäuschung versteckt sie hinter Loyalität - so gut es eben geht

Eine gewisse Enttäuschung ist schwer zu überhören, die Kreye aber so gut es eben geht hinter ihrer Loyalität versteckt. Sie hat beschlossen, Sven Schulze, 42, den Vortritt zu lassen, dessen Ambitionen auf einen Sitz im Bundesvorstand allemal nachvollziehbar sind. Schulze ist seit März Landesvorsitzender der CDU in Sachsen-Anhalt, er ist Wirtschaftsminister im Kabinett von Ministerpräsident Reiner Haseloff und gilt als aussichtsreicher Kandidat auf dessen Nachfolge.

Mit Haseloff, der sich für das Präsidium bewirbt, und Schulze wäre der kleine Landesverband Sachsen-Anhalt in den Berliner Führungsgremien aber schon proporzgemäß vertreten. Auf eine Kampfabstimmung wollte es Kreye nicht ankommen lassen. Wie es halt oft so läuft mit der Frauenförderung in einer Partei, die sich bislang nicht zu einer Quote durchringen kann: Wenn zwei gestandene Männer den Finger heben, zieht im Zweifelsfall die junge Frau zurück.

Anna Kreye soll nun in einer Grundsatzprogrammkommission mitarbeiten und außerdem Büroleiterin der CDU-Innenministerin Tamara Zieschang in Magdeburg werden. Sie sagt, sie freue sich darauf, aber eine Frage hätte sie schon noch: "Friedrich Merz hat ja gesagt, dass wir jünger und weiblicher werden müssen. Ich bin mal gespannt, wie er das machen will."

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