Frankfurt/Main (dpa/lhe) – Unter starkem Polizeiaufgebot haben sich in Frankfurt mehrere Tausend Menschen zu Demonstrationen und Kundgebungen im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine versammelt. Zu einer prorussischen Kundgebung auf dem Opernplatz mit anschließender Demonstration durch die Stadt kamen am Sonntag nach Schätzungen der Polizei bis zu 800 Teilnehmer. Diese schwenkten russische und sowjetische Fahnen und riefen in Sprechchören „Russland“.
Dagegen wendete sich eine Gruppe proukrainischer Demonstranten, die „Schande“, „Schande“ skandierten. Eine Polizeikette trennte beide Gruppen. Auch auf dem Römerberg sowie dem Roßmarkt fanden Kundgebungen für die Ukraine statt. Insgesamt zählte die Polizei rund 2500 proukrainische Demonstranten. Blaue-gelbe ukrainische Fahnen wurden geschwenkt, auf Plakaten war in Englisch unter anderem zu lesen: „Stoppt Russland“, „Kein Gas von Russland“ und „Stoppt den Genozid“.
Auf dem Platz vor der Alten Oper legten sich proukrainische Demonstranten auf den Boden, um an die Kriegsverbrechen an der ukrainischen Zivilbevölkerung zu erinnern. Dazu riefen sie „Butscha“. In dem Kiewer Vorort waren vor kurzem zahlreiche Leichen ermordeter Zivilisten gefunden worden, teils gefesselt am Straßenrand.
Die Stadt Frankfurt hatte einen geplanten prorussischen Autokorso verboten und strenge Auflagen für die Demonstration erlassen. Das Tragen bestimmter Symbole und Abzeichen wurde untersagt - etwa Abbildungen mit den Buchstaben V und Z sowie das „Sankt-Georgs-Band“. Diese stehen für die russischen Kriegsaktivitäten in der Ukraine. Verboten wurde, die russischen Aggressionen gutzuheißen sowie den Staat Ukraine, seine Bevölkerung sowie Opfer des russischen Einmarschs zu verunglimpfen. Angemeldet worden waren bis zu 2000 Teilnehmer.
Wegen mutmaßlicher Verstöße gegen die Auflagen leitete die Polizei gegen mehrere Personen Ermittlungen ein, teils wegen des Zeigens entsprechender Fahnen, teils wegen Sprechchören und des Anfangsverdachts der Billigung eines Angriffskrieges im Sinne des Völkerstrafrechts. Am Rande der prorussischen Demonstration formierte sich trotz Verbots auch ein Autokorso aus wenigen Fahrzeugen, die mit russischen Fahnen behängt waren. Gegen-Demonstranten stellten sich ihnen auf der Straße in den Weg.
Bei der prorussischen Demonstration kam es nach Polizeiangaben zu „einem Angriff auf Aufzugsteilnehmer durch einen Außenstehenden“ mit Reizgas. Vier Menschen seien dadurch leicht verletzt worden, darunter ein neunjähriges Mädchen, hieß es am Sonntagabend. Der Tatverdächtige sei festgenommen worden.
Im Nachgang der Demonstration ereignete sich laut Polizei eine Auseinandersetzung am russischen Generalkonsulat. Demnach waren drei Personen beteiligt. Es sei zu Beleidigungen und einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen. Die Identitäten der Beteiligten seien festgestellt und entsprechende Anzeigen gefertigt worden, so die Polizei.
Ein Bündnis demokratischer Parteien und auch russischer zivilgesellschaftlicher Organisationen hatte Plakate auf dem Weg der prorussischen Demonstration durch die Stadt aufgehängt, auf denen der Schriftzug Wir überlassen Frankfurt nicht den Kriegstreibern zu lesen war. Koordinator Dimitrij Peters vom russischen Verein Peremen FFM erklärte: „Für uns als russische Opposition ist es wichtig, deutlich zu machen, dass viele Menschen, die aus Russland stammen, nicht auf die Kreml-Propaganda hereinfallen und sich klar an der Seite der Menschen und der Regierung der Ukraine positionieren.“
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