Von Juni an will "Jugend Rettet" ein eigenes Schiff in die Gewässer zwischen Libyen und Italien schicken, nach knapp einem Jahr intensiver Planung. Derzeit verhandelt der Verein über einen holländischen Fischtrawler: 33 Meter lang, hochseetüchtig, mit moderner Navigationstechnik und viel Platz unter Deck. Bis zu 100 Menschen könnte das Schiff aufnehmen, eine Mannschaft aus ehrenamtlichen Seeleuten soll es steuern.
Ein paar Trennwände müssten noch eingezogen werden, um Frauen und Kinder zu separieren und zum Schutz der Crew: Vor ihrer Rettung sind viele Flüchtlinge wochen- und monatelang unterwegs, von Schleppern über jahrhundertealte Karawanenrouten durch die Sahara geschleust. "Alle diese Menschen haben körperliche Gewalt erfahren, alle Frauen sexuelle Gewalt", sagt Bundeswehrsprecher Fischborn. In sehr schlechtem Zustand - psychisch, physisch und hygienisch - werden sie im Mittelmeer aufgegriffen, häufig mit Krätze oder Tuberkulose.
Zu tun gibt es genug: 2015 starben auf der zentralen Route 2892 Menschen
Natürlich soll der "Jugend Rettet"-Einsatz koordiniert werden - vom Maritime Rescue Coordination Centre (MRCC) in Rom. Teilweise arbeiten militärische und zivile Schiffe Hand in Hand, nehmen einander Flüchtlinge ab und unterstützen sich medizinisch. "Wir begrüßen die privaten Initiativen", sagt Fischborn. Zu tun gibt es nach Ansicht der Helfer genug, denn auch 2015 starben auf der zentralen Route 2892 Menschen. Mehr als 100 Tote sind es im aktuellen Jahr, obwohl die "Saison" noch gar nicht richtig begonnen hat.
Finanziell hat "Jugend Rettet" die eigene Mission mittlerweile abgesichert durch eine virale Spendenkampagne und eine Großspende für den Schiffskauf, das ungefähr 150 000 Euro kosten wird. Allerdings sind auch künftig noch mehr als 30 000 Euro für den Betrieb nötig - monatlich. Mit Helfern und Botschaftern in mittlerweile 29 Städten spricht der Verein dafür dezidiert junge Menschen an. "Wir wollen unserer Generation zeigen, dass humanitäre Hilfe nicht nur vor der eigenen Haustüre stattfinden darf", sagt Pauline Schmidt.
Da "Jugend Rettet" die Öffentlichkeit vornehmlich im Internet sucht, gibt es auch viele Kritiker. "Kommentare unter Artikeln über uns lesen wir nicht mehr", sagt Schmidt. Ein Spießrutenlauf zwischen Unverständnis und Schleppervorwürfen sei das. "Aber seit wann muss man sich eigentlich rechtfertigen, dass man was dagegen hat, wenn Leute sterben?" Gerne würden sie auf den Einsatz verzichten, "wenn die EU-Staaten endlich ein richtiges Seenotrettungsprogramm auf die Beine stellen würden."