FDP:Westerwelles heile Welt

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Was hat Westerwelle in den letzten Monaten gemacht? Kein Wort über Wirtschaftskrise und Konjunkturprogramme. Er fordert niedrigere Steuern - und macht strategische Fehler.

Ulrich Schäfer

Man fragt sich, was Guido Westerwelle in den letzten zwei Monaten gemacht hat. Und vor allem: worüber er auf seiner Tour durch die Hauptstädte der Welt eigentlich geredet hat. Hat er auch über die Weltwirtschaftskrise gesprochen? Über die große Rezession? Über den schwersten Einbruch, den der Welthandel seit acht Jahrzehnten erlebt hat?

FDP-Chef Guido Westerwelle: In seiner Rede auf dem Dreikönigstreffen seiner Partei klammerte er die Wirtschaftskrise komplett aus. (Foto: Foto: dpa)

Man würde sich wünschen, Westerwelle hätte dies getan, und er würde die Lehren, die er dabei hätte ziehen können, auch einbringen in die Politik seiner Partei.

Doch die Weltwirtschaftskrise kam nicht vor in jener Rede, mit der der FDP-Chef auf dem Dreikönigstreffen der Liberalen ein schwarz-gelbes Jahrzehnt einleiten wollte. Und sie kommt auch sonst selten vor, wenn die Liberalen für mehr Freiheit werben, für weniger Steuern und für mehr Geld für Mittelschicht und Mittelstand.

Seit dem Regierungswechsel erwecken die Liberalen den Eindruck, als gebe es keine Banken, die dem Staat Milliarden abgepresst haben. Sie tun so, als gebe es keinen Rückgang der Wirtschaftsleistung um fünf Prozent; als gebe es keine gewaltigen Konjunkturprogramme, die viel Geld kosten.

Die Krise: Sie passt nicht in die schöne Welt von Freiheit, Minimalstaat und Stufentarif, die sich die Liberalen in der Oppositionszeit zurechtgelegt haben und die sie nun in die Regierungszeit übertragen wollen.

Von daher ist es auch nur konsequent, dass die Liberalen für ihre Steuerreform mit den gleichen Argumenten trommeln wie schon vor zehn Jahren: Man müsse die Leistungsträger entlasten, die Bürger vom Zugriff des Staats befreien, ihnen ihr Geld lassen. Westerwelle und die FDP begehen damit jedoch einen strategischen Fehler.

Die Argumente vom Staat, der sich zurückziehen soll, klingen nämlich hohl in einer Krise, in der der Staat mehr gefragt ist denn je. Sie erscheinen wie aus einer längst vergangenen Zeit, und Westerwelles Spruch von der "geistig-politischen Wende" bestätigt dies nur: Ganz bewusst greift der FDP-Chef damit Kohls Wort von der "geistig-moralischen Wende" auf. Die aber ist mehr als ein Vierteljahrhundert her.

Dabei könnte die Weltwirtschaftskrise den Liberalen Argumente zuhauf liefern, um nun die Steuern zu senken. Sie könnten sich, wie es Finanzminister Wolfgang Schäuble mal getan hat, auf John Maynard Keynes berufen, den großen Ökonomen, der dem Staat bereits in den Dreißigern empfohlen hatte, in Krisenzeiten nicht zu sparen, sondern Geld auszugeben. Der Außenminister Westerwelle könnten darauf verweisen, dass auch andere Staaten, die er besucht, auf diese Weise ihre Wirtschaft ankurbeln.

Allerdings müsste der FDP-Chef Westerwelle auch darauf hinweisen, das die schwarz-gelbe Koalition später, wenn die Wirtschaft sich erholt hat, die Steuern wieder erhöhen muss, um die Schulden zu tilgen. So hat es schon Keynes gefordert. Doch ein Keynes passt nicht in das Weltbild des Liberalen Westerwelle, der an weniger Staat glaubt, nicht aber an den steuernden Staat.

Im Video: Der FDP-Chef pocht auf weitere Entlastungen für den Mittelstand. Weitere Videos finden Sie hier

© SZ vom 07.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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