Fall Timoschenko:Westerwelle droht Ukraine mit Konsequenzen für EU-Beitritt

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Außenminister Westerwelle verstärkt den Druck auf die Regierung der Ukraine. Angesichts des unwürdigen Umgangs mit der erkrankten Ex-Regierungschefin Timoschenko mahnt er an, dass der "Weg nach Europa" über Demokratie und Rechtsstaatlichkeit führe. Auch US-Außenministerin Clinton macht ihre Haltung zu dem Konflikt deutlich.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat der Ukraine wegen des Umgangs mit der erkrankten Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko mit Konsequenzen gedroht. Mit Blick auf die Bestrebungen des Landes, der EU beizutreten, sagte Westerwelle der Bild-Zeitung: "Die ukrainische Regierung muss wissen: Der Weg nach Europa führt über eine Brücke, die auf zwei Pfeilern steht: Demokratie und Rechtsstaatlichkeit."

Bundesaußenminister Guido Westerwelle droht der Ukraine wegen des Umgangs mit Julia Timoschenko mit Konsequenzen. (Foto: dpa)

Als Mitglied des Europarates müsse die Ukraine ihrer Verpflichtung zu menschenrechtlichen Mindeststandards nachkommen. Er sei in großer Sorge um die Gesundheit Timoschenkos. Daher biete er der Ukraine daher an, die inhaftierte Politikerin in einem deutschen Krankenhaus behandeln zu lassen, in dem eine gute Betreuung garantiert sei, sagte Westerwelle.

Die an Bandscheibenproblemen leidende Timoschenko verbüßt in der östlichen Stadt Charkiw eine siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs. Die EU kritisiert ihre Inhaftierung als politisch motiviert. Timoschenko protestiert mit einem Hungerstreik gegen ihre Haftbedingungen.

Nach Ansicht des außenpolitischen Sprechers der Union sollte Deutschland die Ukraine verklagen. "Die Bundesregierung sollte eine Staatenklage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte prüfen, um die Rechte der erkrankten Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko einzufordern", sagte der CDU-Politiker Philipp Mißfelder der Nachrichtenagentur Reuters.

Auch aus den USA kamen harsche Worte über den Umgang der Urkaine mit der Oppositionspolitikerin. US-Außenministerin Hillary Clinton kritisierte Timoschenkos Haft und forderte ihre sofortige Freilassung. Clinton verwies am Dienstag in einer Erklärung auf kürzlich veröffentlichte Fotos, die belegen sollen, dass Timoschenko von Wärtern geschlagen wurde.

Die Aufnahmen ließen noch mehr Zweifel an den Haftbedingungen der Oppositionsführerin aufkommen, erklärte Clinton. Die USA forderten daher nicht nur die sofortige Freilassung von Timoschenko, sondern auch die weiterer Kabinettsmitglieder der früheren Regierung.

Bosbach warnt vor überzogener Kritik an EM-Vergabe

Inwiefern sich die Diskussion über Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine auf die demnächst in dem Land stattfindende Fußball-EM auswirken wird, ist weiterhin unklar. Westerwelle sagte zu einem möglichen Boykott der Bundesregierung, darüber werde erst entschieden. Der FDP-Politiker sagte zudem Proteste während der EM voraus. Politiker, Sportler, Medien und Fans würden es sich nicht nehmen lassen, während der EM gegen die Verletzung der Menschenrechte in der Ukraine ein Zeichen zu setzen.

Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach, warnte indes vor überzogener Kritik an der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine. "Wenn die Debatte ab jetzt unter der Überschrift 'Holt die Spiele von der Ukraine nach Deutschland!' läuft, würden wir uns damit keinen Gefallen tun", sagte Bosbach der Saarbrücker Zeitung laut Vorabbericht. Das helfe keinem politischen Gefangenen.

Bosbach sagte, aus heutiger Sicht sei es ein Fehler gewesen, die EM an die Ukraine zu vergeben. Bei der Vergabe des Turniers habe die Uefa aber wohl auch die Ereignisse der Orangenen Revolution würdigen wollen. Um weiteren Druck auf die Regierung in Kiew auszuüben, plädierte Bosbach dafür, sich eng mit anderen an der EM teilnehmenden Nationen abzustimmen. "Der Protest wird keine besondere Wirkung in der Ukraine hinterlassen, wenn Deutschland damit allein bleibt", sagte er.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ließ mitteilen, er werde das Land nicht zur Fußball-Europameisterschaft besuchen, die die Ukraine ab Juni gemeinsam mit Polen ausrichtet.

© AFP/dapd/dpa/Reuters/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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